Rz. 210

Stehen dem Beklagten mehrere Forderungen zu, mit denen er gegen die Klageforderung aufrechnen will, so ist zunächst erforderlich, dass der Beklagte angibt, in welcher Reihenfolge er mit den ihm zustehenden Forderungen aufrechnen möchte.

 

Rz. 211

Soweit über die Aufrechnungsforderung streitig entschieden wird, erhöht sich in diesem Umfange der Streitwert, was wiederum Auswirkungen auf die Kostenquote hat, sodass der Beklagte zunächst mit denjenigen Forderungen aufrechnen muss, die er am einfachsten, sichersten und aussichtsreichsten begründen kann. Auf die Kostenproblematik muss dabei geachtet werden.

 

Rz. 212

Denn gemäß § 45 Abs. 3 GKG hat der Beklagte nämlich auch dann einen Teil der Kosten zu tragen, wenn die Klageforderung nur deshalb abgewiesen wird, weil die hilfsweise erklärte Aufrechnung des Beklagten durchgreift. Der Beklagte ist dann kostenrechtlich so zu behandeln, als sei er mit der Klageforderung unterlegen und sei mit der Aufrechnungsforderung erfolgreich gewesen.

 

Rz. 213

 

Beispiel

Der Kläger macht gegen den Beklagten eine Forderung in Höhe von 15.000 EUR geltend.

Der Beklagte macht primär geltend, dass das Grundgeschäft nicht wirksam zustande gekommen sei. Selbst wenn der den Klageanspruch begründende Vertrag zustande gekommen sei, sei dieser nachträglich durch die von ihm erklärte Anfechtung erloschen. Hilfsweise rechnet er mit einer Forderung in Höhe von 8.000 EUR, einer Forderung in Höhe von 3.000 EUR und einer Forderung in Höhe von 4.000 EUR gegen die Klageforderung auf.

Hält das Gericht die Klageforderung für begründet und weist die Einwendungen des Beklagten hiergegen zurück und erachtet es im Weiteren aber auch die Aufrechnungsforderungen des Beklagten für begründet, so ist die Klage abzuweisen und die Kosten gegeneinander aufzuheben. In diesem Fall hat nämlich der Kläger mit seiner Klageforderung in Höhe von 15.000 EUR obsiegt und der Beklagte mit seinen Aufrechnungsforderungen in gleicher Höhe. Lediglich in der Saldierung ergibt sich, dass die Klageforderung abzuweisen ist.

 

Rz. 214

Stellt der Beklagte nun dem Kläger, nachdem er die Klageforderung als solche bestritten hat, hilfsweise mehrere Gegenforderungen entgegen, welche die Klageforderung in der Addition betragsmäßig übersteigen und wird er mit einzelnen Gegenforderungen abgewiesen, so erhöht sich sein Kostenanteil.

 

Rz. 215

 

Beispiel

Der Kläger macht erneut eine vom Beklagten bestrittene Forderung in Höhe von 15.000 EUR geltend.

Der Beklagte rechnet hilfsweise mit Gegenforderung in Höhe von 8.000 EUR, 3.000 EUR, 5.000 EUR und 7.000 EUR auf. Das Gericht hält die Klageforderung unter Zurückweisung der Einwendungen des Beklagten für begründet und erachtet die zur Aufrechnung gestellte Forderung des Beklagten in Höhe von 8.000 EUR für unbegründet. Hinsichtlich der übrigen drei zur Aufrechnung gestellten Forderungen erachtet das Gericht diese für begründet.

Im Ergebnis ergibt sich, dass die Klageforderung aufgrund der Aufrechnung mit der zweiten, dritten und vierten Klageforderung abgewiesen wird. Hinsichtlich der Kosten ist allerdings zu berücksichtigen, dass nach § 45 Abs. 3 GKG der Streitwert auf 38.000 EUR festzusetzen ist, da über die Klageforderung von 15.000 EUR und Gegenforderung in Höhe von insgesamt 23.000 EUR in einer der Rechtskraft fähigen Entscheidung entschieden wurde.

Im Hinblick auf diesen Gesamtstreitwert ist der Kläger in Höhe der zur Aufrechnung gestellten Forderungen von 15.000 EUR (3.000 EUR + 5.000 EUR + 7.000 EUR) unterlegen. Demgegenüber ist der Beklagte in Höhe der Klageforderung von 15.000 EUR und der zurückgewiesenen Aufrechnungsforderung von 8.000 EUR, d.h. insgesamt von 23.000 EUR unterlegen. Dies führt bei Klageabweisung zu einer Kostentragungspflicht des Beklagten in Höhe von 60,5 %, während der Kläger lediglich 39,5 % der Kosten zu tragen hat.

 

Rz. 216

Der im vorstehenden Beispielsfall dargestellten Situation kann der Beklagte nur dadurch entgehen, dass er jeweils seine sicherste Aufrechnungsforderung an den Beginn der Aufrechnungsreihenfolge stellt.

 

Rz. 217

Nach anderer Auffassung[136] soll der Kläger die Kosten nach § 91 ZPO immer in vollem Umfange tragen, wenn die Hilfsaufrechnung durchgreift, weil er selbst vorgerichtlich die Aufrechnung hätte erklären können. Unter Zugrundelegung dieser Ansicht wäre es unerheblich, in welcher Reihenfolge der Beklagte seine Forderungen zur Aufrechnung stellt, wenn nur im Endergebnis die Klageforderung wegen der hilfsweise erklärten Aufrechnung nicht durchgreift. Diese Auffassung ist ersichtlich nicht mit § 45 Abs. 3 GKG in Einklang zu bringen. Im Übrigen handelt es sich um eine in der Literatur vertretene Mindermeinung, der in der praktischen Rechtsanwendung keine zu große Beachtung geschenkt werden sollt.

[136] B/L/A/H/Hartmann, ZPO, § 91 Rn 25.

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