Rz. 155

Die Erklärung der Aufrechnung im Prozess wird nicht dadurch gehindert, dass die zur Aufrechnung gestellte Forderung im Wege der Klage anderweitig geltend gemacht wird. Da die zur Aufrechnung gestellte Forderung selbst nicht rechtshängig wird,[109] kann ihr der Einwand der anderweitigen Rechtshängigkeit nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO nicht entgegengehalten werden.[110]

 

Rz. 156

 

Hinweis

Erklärt der Beklagte die Aufrechnung mit einer Forderung, die er anderweitig im Klagewege verfolgt, so muss er in diesem anderen Klageverfahren die Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO beantragen, damit er sich nicht sein Verteidigungsmittel entzieht, wenn das andere Gericht die Forderung zurückweist. Auch werden auf diese Weise zusätzliche Kosten durch zwei parallele Beweisaufnahmen über die zur Aufrechnung bestellte Forderung vermieden.

Lässt das Gericht die Aufrechnung des Beklagten durchgreifen und entscheidet in diesem Sinne über die Aufrechnungsforderung, so muss er in dem anderen Verfahren die Hauptsache für erledigt erklären, da die Forderung durch die Aufrechnung erloschen ist. Über die Kosten des anderen Prozesses ist dann in Anwendung von § 91a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass das andere Gericht bei der Entscheidung über die Aufrechnung die Forderung als bestehend angesehen hat, was dazu führen müsse, dass der Gegner die Kosten trage, wenn allein dies Streitgegenstand des Parallelverfahrens war.

 

Rz. 157

Hat der Beklagte gegen die Klageforderung mit der von ihm behaupteten Gegenforderung aufgerechnet, so kann er allerdings nach der Aufrechnungserklärung die Forderung nicht mehr in einem eigenen Prozess geltend machen. Für eine solche Klage würde ihm das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, da er mit der Aufrechnung mehr erhält, als er mit der Klage erhalten könnte. Durch die Aufrechnung wird seine zur Aufrechnung gestellte Forderung nämlich unmittelbar befriedigt.[111] Dies kann er nur durch eine Hilfsaufrechnung vermeiden.

 

Rz. 158

 

Praxistipp

Hat der Beklagte gleichwohl seine Forderung in einem anderen Prozess rechtshängig gemacht, so kann er in diesem Prozess ebenfalls die Aussetzung nach § 148 ZPO beantragen.

Für den Fall, dass nämlich die Aufrechnung nicht zum Tragen kommt, weil die Klage aus anderen Gründen abgewiesen wird, entsteht das Rechtschutzbedürfnis noch nachträglich. So vermeidet der Beklagte in dem von ihm betriebenen Prozess eine kostenträchtige Klageabweisung.

[109] BGH NJW 1972, 450.
[110] BGH NJW-RR 1994, 379.
[111] Zöller/Greger, § 145 Rn 18a.

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