Rz. 146

Der Beklagte ist grundsätzlich gehalten, die Aufrechnung bereits innerhalb der vom Gericht gesetzten Klageerwiderungsfrist zu erklären[102] und zugleich die zur Aufrechnung gestellte Forderung substantiiert darzulegen und die zur Begründung der Aufrechnungsforderung erheblichen Tatsachen unter Beweis zu stellen.

 

Rz. 147

 

Hinweis

Der Bundesgerichtshof hat mit seinem grundlegenden Urt. v. 30.5.1984[103] ausgeführt, dass die Aufrechnung ein Verteidigungsmittel im Sinne der ZPO sei, da mit ihr bezweckt wird, den vom Kläger geltend gemachten Klageanspruch zu Fall zu bringen. Die Aufrechnung sei daher wie ein sonstiges Verteidigungsvorbringen zusammen mit den ihrer Rechtfertigung dienenden Tatsachen in der Klageerwiderung geltend zu machen, wenn für sie eine Frist nach § 276 Abs. 1 ZPO gesetzt worden ist und die Darstellung der Aufrechnungserklärung und der Aufrechnungsforderung nach der Prozesslage zum Zweck einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung erforderlich ist. Dem genügt es nach der Auffassung des Bundesgerichtshofes nicht, wenn die Klageerwiderung zwar die prozessuale Erklärung der Aufrechnung enthält, die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung aber nicht substantiiert darlegt.

 

Rz. 148

Die Aufrechnung kann der Form nach schriftsätzlich oder in der mündlichen Verhandlung erfolgen. Im Hinblick auf die Präklusionsvorschrift des § 296 ZPO wird allerdings grundsätzlich nur die schriftliche Aufrechnungserklärung[104] in der Klageerwiderung oder aber der Vortrag der außergerichtlich erklärten Aufrechnung in Betracht kommen.

 

Rz. 149

Beachtet werden muss dabei, dass die Aufrechnung sich als Prozesshandlung darstellt, sodass diese im Rahmen von § 78 ZPO von dem postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten zu erklären sein wird.

 

Rz. 150

Die Zulässigkeit der Aufrechnung setzt weiter voraus, dass eine wirksame Aufrechnungserklärung gem. § 388 BGB, d.h. in Form einer Erklärung gegenüber dem anderen Teil erfolgt ist. Im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung müssen dabei alle nachfolgend dargestellten Voraussetzungen der Aufrechnung nach § 387 BGB vorliegen.

 

Rz. 151

 

Hinweis

Soweit § 388 S. 2 BGB die Aufrechnungserklärung für unwirksam erklärt, wenn sie unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung abgegeben wird, hindert dies nicht, im Prozess hilfsweise aufzurechnen, da das Bestehen der Klageforderung als Hauptforderung keine echte Bedingung i.S.v. § 388 BGB ist, sondern eine so genannte Rechtsbedingung.[105]

 

Rz. 152

Die Substantiierung der zur Aufrechnung gestellten Forderung folgt denselben Regeln wie die Substantiierung der Klageforderung. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gilt gleichermaßen.[106] Dies leuchtet ein, wenn man sich vor Augen führt, dass über die zur Aufrechnung gebrachte Forderung gem. § 322 Abs. 2 ZPO gleichermaßen, wie über die Klageforderung in materieller Rechtskraft entschieden wird. Wird mit einer Mehrheit von Forderungen im Prozess aufgerechnet, so ist der Bestimmtheitsgrundsatz des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nur dann gewahrt, wenn die Forderungen in einer ganz bestimmten Reihenfolge benannt und im Einzelnen hinreichend genau bezeichnet sind.[107]

 

Rz. 153

 

Hinweis

Dabei sollte der Beklagte die Forderungen an die erste Stelle setzen, von deren Bestehen sicher auszugehen ist, weil dies nach der herrschenden Meinung die Klageforderung am sichersten zu Fall bringt und der Beklagte anderenfalls an den Kosten des Rechtsstreites beteiligt wird. Je mehr Aufrechnungsforderungen erforderlich sind, um die Klageforderung zu Fall zu bringen, umso höher ist sein Kostenanteil. Folgt das konkret angerufene Gericht dagegen der Mindermeinung, wonach der Kläger in jedem Fall auch dann die Kosten trägt, wenn er wegen der Aufrechnung unterliegt, kann mit der unsichersten Forderung begonnen werden, da der Beklagte deren Berechtigung dann kostengünstig geklärt erhält.

 

Rz. 154

Eine Änderung der einmal erklärten Reihenfolge der zur Aufrechnung gestellten Forderungen ist nicht mehr möglich.[108]

[102] Muster unter Rdn 245.
[103] BGH NJW 1981, 1964 = BGHZ 19, 293 = MDR 1984, 837 = JuS 1984, 975.
[104] Muster unter Rdn 245, 247.
[105] Palandt/Grüneberg, § 388 Rn 3.
[107] BGH NJW 2002, 2182 = BGHZ 149, 120 = MDR 2002, 410 = JZ 2002, 605.
[108] OLG Koblenz ZIP 2009, 770; OLG Koblenz OLGR 2007, 949.

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