Rz. 102

Das auf Professor Landau zurückgehende Hohenheimer Verfahren wurde erstmals auf dem ADAC-Fachgespräch "Schadenersatz für Hausfrauentätigkeit" am 14.3.1986 vorgestellt[112] und war hernach diskutierter Gegenstand des VGT 1989, AK V.[113] Die damalige Aufforderung des VGT, Bewertungstabellen oder Leitlinien zum Haushaltsführungsschaden zu erarbeiten, scheiterte in der Folgezeit an Problemen einer allgemein tauglichen praktischen Umsetzung.

 

Rz. 103

Ziel des Verfahrens war nicht die Ermittlung von Schadenersatz, sondern die Bewertung von Arbeit im Haushalt im Verhältnis zum gewerblichen Arbeitsplatz. Benötigt wurde dieses zur Schaffung von gewerblichen Tätigkeiten und damit vergleichbaren Arbeitstypen, denen im Interesse der Arbeitswissenschaft dann Arbeitsentgelte zugewiesen werden konnten.

 

Rz. 104

Schadenersatzrechtlich kommt es aber nicht auf abstrakte Zuweisungen zu einem wissenschaftlich interessanten Arbeitstypus an, sondern auf diejenigen Aufwendungen, die im Schadenfall benötigt werden, den Ausfall im Haushalt vor Ort konkret auszugleichen. Während ein Bundesbeamter in Aurich dasselbe Gehalt hat wie ein Bundesbeamter in München, trifft dieses für den Handwerksgesellen in denselben Städten wegen der deutlich unterschiedlichen Lebenshaltungskosten nicht zu.[114]

 

Rz. 105

Das Hohenheimer Verfahren ist letztlich ein intransparentes Blackbox-Verfahren, aufgrund dessen vom Verletzten erfragte Angaben nach nur schwer nachvollziehbaren internen Mustern bewertet werden. Das Verfahren hat sich für die Tagesarbeit nicht als taugliches Mittel erwiesen und wird dementsprechend auch nicht angewendet.[115]

 

Rz. 106

Die Kosten der Datenerhebung mittels Hohenheimer Verfahren sind nicht erstattungsfähig (siehe Rn 111).

[112] Landau, Ersatzanspruch der verletzten Hausfrau, VGT 1989, 207; Landau "Arbeitswissenschaftliche Bewertung der Haushaltarbeit zur Festlegung von Schadensersatzansprüchen" DAR 1989, 166.
[113] Zu Resonanzen auch in der weiteren Presse siehe Hofman "Der Ersatzanspruch bei Beeinträchtigung der Haushaltsführung" NZV 1990, 8; weitere Diskussionsbeiträge zum Hohenheimer Verfahren: Jung "Schadenersatz für entgangene Haushaltstätigkeit – Erwiderung auf Hofmann in NZV 1990, S 8 ff." DAR 1990, 161; Jahnke "Haushaltsführungsschaden" 48. VGT 2010, S. 99 (S. 118 zu C.IV2.b.bc. (3)).
[114] Dazu "Beamtenlohn: Arm dran in der Großstadt" (www.spiegel.de/wirtschaft/beamtenlohn-arm-dran-in-der-grossstadt-a-469924.html). Die "Ballungsraumzulage für Beamte, Dienstanfänger und Beschäftigte nach Besoldungsrecht des Freistaates Bayern im Verdichtungsraum München" nach Art. 94 BayBesG wird bayrischen Beamten gewährt; siehe auch BVerfG v. 6.3.2007 – 2 BvR 556/04 – BVerfGE 117, 330 = DÖV 2007, 472 = DVBl 2007, 440 = NVwZ 2007, 568 (Keine Ballungsraumzulage für Beamte zum Ausgleich der erhöhten Lebenshaltungskosten in München).
[115] LG Bonn v. 7.3.2012 – 3 O 196/10 – juris (OLG Köln v. 10.9.2012 – 12 U 25/12 – juris) (Der Zeitaufwand ist durch das Gericht anhand der vom Anspruchsteller übermittelten Daten zu schätzen [§ 287 ZPO]. Kosten für Gutachten zur Bestimmung des Haushaltführungsschadens sind nicht erforderlich. Beim Gutachten nach dem Hohenheimer Verfahren handelt es sich um eine Ermittlung unter Stützung auf Kenndaten des bewerteten Haushaltes unter Auswertung einer Haushaltsdatenbank, welche auf Forschungsvorhaben basiert, mithin um eine einzelfallbezogene Schätzung. Wird vorgerichtlich eine Schätzung eingeholt, obwohl aller Erfahrung nach das angerufene Gericht eine eigene Schätzung [§ 287 ZPO] vornimmt, so handelt es sich bei einer vorgerichtlichen Schätzung nicht um zweckmäßige, angemessenen bzw. wirtschaftlich vernünftige Methode der Schadensbehebung.); siehe auch Schulz-Borck/Pardey, Der Haushaltsführungsschaden – Schadensersatz bei Beeinträchtigung oder Ausfall unentgeltlicher Tätigkeit in Privathaushalten, 7. Aufl. 2009, S. 34.

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