Rz. 28

Muster 7.6: Aufklärung gegenüber dem Mandanten

 

Muster 7.6: Aufklärung gegenüber dem Mandanten

Herrn/Frau

_________________________

Schaden vom _________________________

Sehr geehrter Herr _________________________, sehr geehrte Frau _________________________,

in Ihrer Unfallsache übersende ich Ihnen beiliegend das Schreiben des gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherers vom _________________________. Diesem Schreiben beigefügt war die ebenfalls in der Anlage im Original beigefügte Abfindungserklärung. Wie Sie dem Schreiben entnehmen können, bietet die Gegenseite zur pauschalen Abgeltung sämtlicher Ansprüche aus dem Unfallereignis die Zahlung eines Betrags in Höhe von _________________________ EUR an. Ich erachte diesen Schadensersatzbetrag durchaus für angemessen. Bevor Sie allerdings über das Angebot der Gegenseite abschließend entscheiden, erlaube ich mir, nachfolgend die wesentlichen Vor- und Nachteile des Vergleichsvorschlags zu skizzieren:

1) Von Vorteil ist zunächst, dass das Angebot der Gegenseite einen Aufschlag enthält, um zukünftige Risiken bei der Schadensregulierung durch eine Einmalzahlung abzugelten. Bei einer Einmalzahlung wird zugleich das Risiko einer späteren Insolvenz des Versicherers ausgeschaltet und Sie können das erhaltene Geld ab sofort anlegen. Zudem ist der erhaltene Geldbetrag in Ihr Vermögen bereits jetzt übergegangen, während bei einer ansonsten erfolgenden Ratenzahlung ein Vorversterbensrisiko besteht und unter Umständen dann nicht mehr die gleiche Summe durch die Schädigerseite zu erbringen ist.

2) Allerdings ist der Abschluss des Abfindungsvergleichs mit nicht unerheblichen Risiken verbunden. Durch den Abfindungsvergleich werden sämtliche Ansprüche aus der Schadensache abgefunden. Sollte es zu Komplikationen in Ihrem Heilungsverlauf kommen, könnte dies nicht zum Anlass genommen werden, von der Gegenseite weitere Zahlungen einzufordern. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei den Komplikationen um derzeit nicht voraussehbare Spätfolgen des Personenschadens handelt. Nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur ist der Schädiger trotz Vorliegens eines Abfindungsvergleichs nur in sehr eng umgrenzten Ausnahmefällen zu weiteren Schadensersatzleistungen verpflichtet. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Geschädigte infolge des Schadensereignisses völlig unvorhersehbare Spätfolgen erleidet und die bislang gezahlte Abfindung in krassem Missverhältnis zum tatsächlichen Anspruch des Geschädigten auf Schadensersatz steht. In der Praxis wurden derartige Ausnahmen nur in sehr seltenen Fällen zugelassen.

3) Zusammenfassend beinhaltet der Vergleichsvorschlag der Gegenseite derzeit finanzielle Vorteile, für die Zukunft jedoch erhebliche Haftungsrisiken. Nach Maßgabe der mir vorliegenden ärztlichen Unterlagen ist Ihr zukünftiger Heilungsprozess m.E. _________________________ absehbar. Bei ungeklärten Gesichtspunkten empfehle ich Ihnen in jedem Fall, mit Ihrem behandelnden Arzt über die medizinischen Risiken Ihrer zukünftigen Heilung Rücksprache zu halten. Sie sollten dem Abfindungsvergleich nur dann zustimmen, wenn auch Ihr Arzt das Zukunftsrisiko als vertretbar erachtet.

4) Die höchstrichterliche Rechtsprechung verpflichtet mich dazu, Sie eingehend über die Risiken eines Abfindungsvergleiches aufzuklären. Dies habe ich mit den vorangegangenen Ausführungen getan. Damit ich dies für die Zukunft auch dokumentieren kann, bitte ich Sie höflich, mir das in der Anlage beigefügte Doppel meines Schreibens gegenzuzeichnen und an mich zurückzusenden. Sollten Sie mit dem Abfindungsvergleich der Gegenseite einverstanden sein, so senden Sie mir die von Ihnen unterschriebene Abfindungserklärung ebenfalls im Original zu. Ich werde sie sodann unverzüglich an die Gegenseite weiterleiten.

Mit freundlichen Grüßen

(Rechtsanwalt)

 

Rz. 29

Die Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen an die ausreichende Beratung und Belehrung des Mandanten über die Risiken eines Abfindungsvergleichs. Auch wenn der Anwalt über eine vom Mandanten unterschriebene Risikoaufklärung verfügt, sollte er es in jedem Fall vermeiden, die vom Kfz-Haftpflichtversicherer vorgelegte Abfindungserklärung in Vollmacht des Mandanten zu unterzeichnen. Die Unterschrift sollte in jedem Fall vom Mandanten höchstpersönlich gefertigt werden. Unterzeichnet der Anwalt den Abfindungsvergleich, könnte der Mandant im Rahmen eines späteren Regressprozesses behaupten, die Unterschrift sei nicht mit seinem Einverständnis gefertigt worden.[73]

[73] Vgl. Reisert, in: Balke/Reisert/Quarch, § 8.2 Rn 3; Schah Sedi/Schah Sedi, Das verkehrsrechtliche Mandat, Bd. 5, § 7 Rn 103.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge