Rz. 128

§ 120a ZPO regelt die Möglichkeiten einer gerichtlichen Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers. Sofern der Antragsteller seine Mitwirkung verweigert, nur ungenügende Angaben macht, Änderungen unrichtig oder nicht unverzüglich mitteilt, kann dies zu einer Aufhebung der bewilligten Verfahrenskostenhilfe führen. Anwälte sollten daher unabhängig von etwaigen Hinweisen auf dem Formular für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ausdrücklich nochmals auf die Mitwirkungs-, Erklärungs- und Mitteilungspflichten sowie die sich bei Verletzung dieser Pflichten ergebenden Konsequenzen hinweisen.

 

§ 120a ZPO[171]

(1) Das Gericht soll die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben. Eine Änderung der nach § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1b) und Nr. 2 maßgebenden Beträge ist nur auf Antrag oder nur dann zu berücksichtigen, wenn sie dazu führt, dass keine Monatsrate zu zahlen ist. Auf Verlangen des Gerichts muss die Partei jederzeit erklären, ob eine Veränderung der Verhältnisse eingetreten ist. Eine Änderung zum Nachteil der Partei ist ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder der sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind.

(2) Verbessern sich vor dem in Absatz 1 S. 4 genannten Zeitpunkt die wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei wesentlich oder ändern sich ihre Anschrift, hat sie dies dem Gericht unverzüglich mitzuteilen. Bezieht die Partei ein laufendes monatliches Einkommen, ist eine Einkommensverbesserung nur wesentlich, wenn die Differenz zu dem bisher zugrunde gelegten Bruttoeinkommen nicht nur einmalig 100,00 EUR übersteigt. Satz 2 gilt entsprechend, soweit abzugsfähige Belastungen entfallen. Hierüber und über die Folgen eines Verstoßes ist die Partei bei Antragstellung in dem gemäß § 117 Abs. 3 eingeführten Formular zu belehren.

(3) Eine wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse kann insbesondere dadurch eintreten, dass die Partei durch die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung etwas erlangt. Das Gericht soll nach der rechtskräftigen Entscheidung oder der sonstigen Beendigung des Verfahrens prüfen, ob eine Änderung der Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen mit Rücksicht auf das durch die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung Erlangte geboten ist. Eine Änderung der Entscheidung ist ausgeschlossen, soweit die Partei bei rechtzeitiger Leistung des durch die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung Erlangten ratenfreie Prozesskostenhilfe erhalten hätte.

(4) Für die Erklärung über die Änderung der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse nach Absatz 1 S. 3 muss die Partei das gemäß § 117 Abs. 3 eingeführte Formular benutzen. Für die Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gilt § 118 Abs. 2 entsprechend.

 

Rz. 129

Der Gesetzgeber geht durch die neue Mitteilungspflicht der bedürftigen Partei nur von einer geringen Mehrbelastung der Gerichte aus, da sich bei vielen Bedürftigen keine wesentlichen Verbesserungen ergeben werden, wie z.B. bei Rentnern.[172]

 

Rz. 130

Der Gesetzgeber gibt dabei im Fall der Einkommensverbesserung eine feste Wertgrenze für das Vorliegen einer wesentlichen Veränderung vor:

Zitat

"Bezieht die Partei ein laufendes monatliches Einkommen, ist eine Einkommensverbesserung nur wesentlich, wenn die Differenz zu dem bisher zugrunde gelegten Bruttoeinkommen nicht nur einmalig 100 EUR übersteigt."

Die 100-EUR-Schwelle bezieht sich damit auf einen Brutto- und nicht auf einen Nettobetrag.

 

Rz. 131

Mitgeteilt werden müssen aber nicht nur z.B.

Gehaltserhöhungen

sondern vielmehr auch entsprechende Einkommenserhöhungen z.B. durch:

geringere Mietbelastungen nach einem Umzug
geringere vormals abzugsfähige Darlehenslasten z.B. nach Abzahlung oder auch
geringere Belastungen durch Wegfall bisheriger Raten für einen früheren Prozess
und andere Arten von Einkommenserhöhungen.
 

Rz. 132

 

Hinweis

Die Mitteilungspflicht des Bedürftigen besteht auch dann, wenn sich durch die Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse keine zu leistenden Zahlungen für den Antragsteller und/oder auch keine Aufhebung der PKH ergeben.

 

Rz. 133

Durch die Neuregelung in § 120a Abs. 3 ZPO wird klargestellt, dass die Partei an den Prozesskosten beteiligt werden soll, wenn sie z.B. aufgrund eines rechtskräftigen Urteils oder eines Vergleichs größere Geldzahlungen erhält. Der Gesetzgeber orientiert sich damit an der Rechtsprechung des BGH, dass die Partei das nach PKH-Bewilligung erhaltene Vermögen und Einkommen zur Prozessfinanzierung einsetzen muss.[173] Eine Sonderstellung dürften Unterhaltsrückstände einnehmen, denn hier wird der Einsatz des Erlangten nur für zumutbar gehalten, soweit die Partei den Unterhalt auch bei rechtzeitiger Leistung für die Prozesskosten hätte einsetzen müssen.[174] Dabei wird in der Regel eine Verbesserung der Vermögensverhä...

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