Rz. 20

Die Eheleute können den Versorgungsausgleich ganz oder teilweise ausschließen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VersAusglG). Das kann etwa in Betracht kommen, wenn beide Ehegatten nach dem gewählten Ehemodell (v.a. bei einer Doppelverdienerehe) keinen Bedarf für einen Ausgleich der in der Ehe erworbenen Anrechte sehen.[23]

 

Rz. 21

Ein vollständiger Ausschluss des Versorgungsausgleichs wird auch nach den großzügigen Maßstäben des neuen Rechts nur in Betracht kommen, wenn die beiderseits erwarteten Versorgungen insgesamt nicht wesentlich differieren oder wenn der Ehegatte, der erheblich mehr Anrechte erworben hat als der andere, dem Partner, der an sich ausgleichsberechtigt wäre, einen finanziellen oder sonstigen Ausgleich verspricht.[24] In Betracht gezogen werden kann das etwa bei einer phasenverschobenen Ehe zugunsten des (wesentlich) älteren Ausgleichspflichtigen: Er kann ein großes Interesse daran haben, seine Versorgungsanrechte ungekürzt zu behalten, weil er wegen des baldigen Eintritts in das Rentenalter keine Möglichkeit zum Aufbau einer neuen Altersversorgung mehr hat, während der andere Ehegatte noch jung ist und deswegen in der ihm verbleibenden relativ langen Zeit eine ausreichende Altersversorgung wird aufbauen können. Als Kompensation kommt insoweit in Betracht, erhöhte Unterhaltszahlungen zu vereinbaren (oder überhaupt Unterhaltsleistungen, wenn gar kein Unterhaltsanspruch besteht), aus denen der jüngere Ehegatte dann seine Altersversorgung aufbauen kann. Umgekehrt kann bei einer solchen phasenverschobenen Ehe auch der jüngere Ehegatte Interesse am Ausschluss des Versorgungsausgleichs haben, wenn er vorwiegend private oder betriebliche Versorgungsanrechte in der Ehezeit erworben hat. Stirbt nämlich der ältere Ehegatte, kann er in Bezug auf diese Anrechte keine Anpassung nach § 37 VersAusglG geltend machen, weil § 32 VersAusglG die Anpassung auf die Versorgungen aus den Regelversorgungssystemen beschränkt. Selbst bei solchen Anrechten kann aber der jüngere Ehegatte ein Interesse an dem Ausschluss des Versorgungsausgleichs haben, wenn der ältere Ehegatte sehr viel älter ist als er, aber noch sehr rüstig, so dass er fürchten muss, dass der Tod erst nach dem Ablauf der in § 37 Abs. 2 VersAusglG genannten Dreijahresfrist eintritt und so die Anpassung unmöglich macht.[25]

 

Rz. 22

Die Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VersAusglG macht deutlich, dass nicht nur ein vollständiger, sondern auch ein teilweiser Ausschluss des Versorgungsausgleichs in Betracht kommt und geht damit deutlich über das frühere Recht hinaus.[26] Ein derartiger Teilausschluss kann etwa zeitabhängig sein (z.B. alle Anrechte bis zu einem von den Ehegatten bestimmten Stichtag), er kann ereignisabhängig sein (z.B. alle Anrechte bis zur Geburt eines gemeinsamen Kindes) oder er kann anrechtsbezogen sein (z.B. Ausschluss von Anrechten aus betrieblichen Versorgungen oder aus der Beamtenversorgung), er kann sich auch auf einen nur teilweisen Ausgleich jedes einzelnen Anrechts beziehen (Vereinbarung einer niedrigeren Ausgleichsquote als 50 %). Zudem kommt der Ausschluss von Anrechten aus dem Versorgungsausgleich in Betracht, die nur knapp über der Wesentlichkeitsgrenze (§ 18 VersAusglG) liegen oder die für einen Ausgleich bei der Scheidung ohnehin nicht ausgleichsreif sind (vgl. § 19 VersAusglG). Zwischen allen diesen Teilausschlüssen sind Mischformen denkbar.

 

Rz. 23

Diese Gestaltungsmöglichkeiten dürfen nur mit großer Vorsicht gehandhabt werden. Wenn nur einzelne Anrechte aus dem Ausgleich ausgeschlossen werden, ändert sich das Gesamtgefüge der Versorgung und damit des Ausgleichs. V.a. der verzichtende Ehegatte muss deswegen genau wissen, worauf er verzichtet und wie sich das auf seine Rente auswirkt. Das bedingt, dass die entsprechenden Werte vor dem Verzicht ausgerechnet und klargestellt werden. Dazu ist es nicht nur erforderlich, die Kapitalwerte zu vergleichen, sondern es müssen die potentiell aus dem Anrecht fließenden Renten ermittelt werden; denn eine Alterssicherung hängt für den Betroffenen nicht vom kapitalisierten Wert seiner Versorgung ab, sondern von den Leistungen, die er aus ihr generieren kann. Umgekehrt gerade die Ausgestaltung des Ausgleichs als streng einzelanrechtsbezogener Ausgleich Korrekturen erfordern, wenn der gesetzlich vorgeschriebene Ausgleich zu Versorgungslücken bei einem der Ehegatten führt. Vorkommen kann das v.a. in Bezug auf die Erwerbsunfähigkeitsversorgung, wenn einem Ehegatten zugunsten eines schon gegen dieses Risiko ausreichend abgesicherten Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung genommen werden, so dass seine mögliche Erwerbsunfähigkeitsabsicherung unter ein auskömmliches Niveau abgesenkt wird.[27] Dass ihm dafür Rechte erhalten werden, die eine erhöhte Altersversorgung gewährleisten, nutzt ihm in dieser Situation nichts.

 

Rz. 24

Zu beachten ist, dass grds. nur ein Ausschluss des Ausgleichs von Anrechten infrage kommt, d.h. die Einschränkung des Ausgleichs im Vergleich zu der gesetzlich ...

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