Rz. 25

Insoweit stellt sich zunächst die Frage, wie die Fälle, in denen eine Rückabwicklung verlangt werden kann, zu definieren sind. Aus der Sicht des Schenkers wäre – auf den ersten Blick – eine freie Entscheidungsmöglichkeit wünschenswert, würde sie es ihm doch ermöglichen, sehr flexibel auf Veränderungen der Umstände zu reagieren. Ganz anders sieht die Lage aus der Perspektive des Beschenkten aus, der nicht dem Risiko ausgesetzt sein möchte, dass der Schenker ganz einfach einen Sinneswandel durchlebt und deshalb die Schenkung infrage stellt. Hinzu kommt, dass auch aus rechtlicher bzw. steuerrechtlicher Sicht die besseren Argumente für eine Einschränkung der Rückforderungsmöglichkeiten sprechen.

 

Rz. 26

Zivilrechtlich ist ein Rückabwicklungsvorbehalt, der die Entscheidung über die Durchführung der Rückabwicklung allein dem Schenker überlässt, ohne seine Dispositionsbefugnis in irgendeiner Weise einzuschränken bzw. an bestimmte Bedingungen zu knüpfen, grundsätzlich zulässig.[15] Abgesehen von der größtmöglichen Entscheidungsfreiheit des Schenkers bringen derartige Vereinbarungen den Vorteil mit sich, dass sich die Frage des Vorliegens oder eben des Nicht-Vorliegens bestimmter Rückabwicklungsgründe von vornherein nicht stellt. Dies vermeidet folgerichtig auch jeglichen – ggf. auch gerichtlichen – Streit über diese Frage.

 

Rz. 27

Ob die grundsätzliche zivilrechtliche Zulässigkeit freier Rückabwicklungsvorbehalte auch im Falle der Schenkung von Gesellschaftsanteilen gilt, ist allerdings fraglich. Denn für den von einer möglichen Rückforderung betroffenen Beschenkten stellt sich die Situation ähnlich dar wie für einen Gesellschafter, dem eine Hinauskündigung aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Hinauskündigungsklausel droht. Hinauskündigungsklauseln werden von der Rechtsprechung nur in sehr engen Grenzen akzeptiert. Im Regelfall stellen sie einen Verstoß gegen § 138 BGB dar.[16] Diese Sichtweise beruht in erster Linie auf dem Argument, dass durch die Möglichkeit der Hinauskündigung zur Erreichung des Gesellschaftszwecks erforderliche Zusammenarbeit der Gesellschafter im Kern getroffen werde.[17] Darüber hinaus werde einer inakzeptablen, durch die Willkür der Mehrheit bestimmten Führung der Gesellschaft Tür und Tor geöffnet.[18] Denn es bestehe die Gefahr, dass die vom "Damoklesschwert der Hinauskündigung" bedrohten Gesellschafter von den ihnen zustehenden Gesellschaftsrechten keinen Gebrauch machen könnten, sondern sich stattdessen dem Willen der von einer Hinauskündigung Begünstigten zu unterwerfen hätten.[19] Die Frage, auf welche Weise der Gesellschafter seine Gesellschafterstellung erlangt hat (z.B. durch Schenkung oder durch Erbfall), spielt – gesellschaftsrechtlich – grundsätzlich keine Rolle.[20] Diese zu Personengesellschaften entwickelten Grundsätze sind nach Auffassung des BGH ausdrücklich auch auf die GmbH zu übertragen.[21]

 

Rz. 28

In welchen Konstellationen die Hinauskündigung – ausnahmsweise und durch besondere Umstände gerechtfertigt[22] – zulässig sein soll, hat der BGH bislang noch nicht mit über den jeweiligen Einzelfall[23] hinausgehender Begründung entschieden. Konkrete Fallgruppen sind bislang nicht erkennbar.

Vor diesem Hintergrund stellt sich in der Tat die Frage, ob bzw. inwieweit sich die Stellung des mit Rückabwicklungsvorbehalt Beschenkten von der eines einer freien Hinauskündigung unterliegenden Gesellschafters unterscheidet. Darüber hinaus besteht das Risiko, dass der solcher Art Beschenkte eine Art Gesellschafter "minderen Rechts"[24] darstellen könnte, dessen Möglichkeit, seine Gesellschaftsrechte frei auszuüben, gegenüber anderen Gesellschaftern eingeschränkt ist.

 

Rz. 29

Trotz allem darf hierbei nicht übersehen werden, dass der Beschenkte seine Gesellschaftsbeteiligung vom Schenker unentgeltlich erhält. Für den Schenker besteht keinerlei – schon gar kein rechtlicher – Zwang, überhaupt etwas zu verschenken.[25] Vor diesem Hintergrund scheint eine pauschale Übertragung der gesellschaftsrechtlichen Grundsätze auch auf die Gestaltung von Schenkungsverträgen wenig sachgerecht. Auch der BGH geht deshalb davon aus, dass Schenkungsverhältnis und Gesellschaftsverhältnis streng getrennt voneinander zu betrachten sind.[26] Hinsichtlich des Gesellschaftsverhältnisses bleibt es – ungeachtet des Beteiligungserwerbs durch Schenkung – bei den oben dargestellten Grundsätzen zum Schutz des bzw. der Gesellschafter. Nichtsdestotrotz sind diese Grundsätze nicht auf das dem Schenkungsvertrag zugrunde liegende Schenkungsrecht zu übertragen.

 

Rz. 30

Ungeachtet dessen sind jedoch verschiedene Einzelfragen in diesem Zusammenhang noch ungeklärt. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass z.B. in Fällen, in denen sich der Beschenkte/Gesellschafter faktisch in einer Abhängigkeitssituation gegenüber dem Schenker befindet und seine wirtschaftliche Existenz von der Aufrechterhaltung der Schenkung bzw. dem Fortbestand seiner hieraus resultierenden Gesellschafterstellung abhängt, eine freie Rückabwicklungsmögli...

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