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Im Gegensatz zum Fahrerlaubnisentzug nach § 69 Abs. 2 StGB oder zum Fahrverbot des § 25 StVG gibt es hier keine Regelfälle, ein Fahrverbot kommt vielmehr erst in Betracht, wenn der spezialpräventive Erfolg mit einer Geldstrafe allein nicht mehr erreicht werden kann. Zwischen der Höhe der Hauptstrafe und einem Fahrverbot besteht nämlich eine Wechselwirkung und generalpräventive Erwägungen spielen hier keine Rolle (KG DAR 2007, 594; OLG Hamm zfs 2017, 289).

Selbst Verkehrsstraftaten, wie z.B. eine Unfallflucht, rechtfertigen nicht automatisch die Verhängung eines Fahrverbotes (LG Amberg zfs 2006, 289), wie hier ein Fahrverbot selbst dann unzulässig sein kann, wo die Tat im Falle einer Aburteilung in einem OWi-Verfahren mit einem Regelfahrverbot hätte sanktioniert werden müssen (OLG Hamm DAR 2004, 535).

Vor der Verhängung eines Fahrverbotes muss der Richter deshalb sämtliche Auswirkungen der Tat, der Geldstrafe und eines eventuellen Fahrverbotes auf den Täter berücksichtigen, was z.B. bei einem Berufskraftfahrer oder einem Handelsvertreter zur Beschränkung eines Fahrverbotes zwingen kann, zumal sich hier ein Fahrverbot nicht erst wie bei § 25 StVG verbietet, wenn die Grenze zur Unverhältnismäßigkeit erreicht ist (LG Cottbus DAR 2007, 716, zu den Ausnahmemöglichkeiten im Übrigen siehe § 27 Rdn 100).

Da auf das Fahrverbot als Nebenstrafe die allgemeinen Strafzumessungsregeln anzuwenden sind, kann das Bestreiten der Tat und die damit einhergehende Schuldeinsicht und Reue nicht zur Begründung eines Fahrverbotes herangezogen werden (OLG Köln DAR 1999, 87). Schließlich kann längere Zeit nach der Tat das Fahrverbot als Denkzettelmaßnahme ihren Zweck nicht mehr erreichen und ist deshalb unzulässig (BGH bei Tolksdorf, DAR 2002, 194; OLG Koblenz DAR 2018, 452 sowie § 27 Rdn 49).

 

Achtung: Deklaratorisches Fahrverbot

Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1980, 130) muss, auch wenn ein Regelfall des § 69, 2 StGB erfüllt ist, die Fahrerlaubnis aber nicht mehr (z.B. wegen längerer vorläufiger Entziehung) entzogen wird, ein Fahrverbot unabhängig davon, dass sich dessen Vollstreckung mit der vorläufigen Entziehung erledigt hat, ausgeurteilt werden. Da nach dem geltenden Registerrecht Verurteilung wegen Verkehrsstraftaten unabhängig von Führerscheinentzug oder Fahrverbot eingetragen werden, hat diese Rechtsprechung nur noch Bedeutung für die Zusammenhangstaten.

 

Tipp: Längere Zeit zwischen Tat und Aburteilung

Die Anordnung eines Fahrverbots ist als Warnungs- und Besinnungsstrafe für einen über einen längeren Zeitraum (z.B. 21 Monate) zurückliegenden Pflichtenverstoß nicht mehr gerechtfertigt (BGH zfs 2004, 133; OLG Hamm DAR 2007, 714; OLG Koblenz DAR 2018, 452), wohingegen das KG (zfs 2014, 529) 16 Monate zwischen Tat und Aburteilung noch nicht als einen derart langen Zeitraum ansieht, dass die Warn- und Besinnungsfunktion des Fahrverbots nicht mehr erreicht werden könnte.

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