Rz. 29

Ordnungsmittel können gegen alle am Umgangsrechts- oder Herausgabeverfahren formell beteiligten, aus einem Titel verpflichteten Personen verhängt werden, wobei die Person eindeutig bezeichnet werden muss. Allerdings ist das Kind nicht Adressat. § 90 Abs. 2 FamFG sieht außerdem vor, dass unmittelbarer Zwang gegen ein Kind unzulässig ist, um die Herausgabe zum Zweck der Umgangsrechtsausübung durchzusetzen. Im Übrigen ist unmittelbarer Zwang nur zulässig, wenn er unter Berücksichtigung des Kindeswohls gerechtfertigt und eine Durchsetzung der Verpflichtung mit milderen Mitteln nicht möglich ist.[99]

Gegen das Jugendamt kann auch dann kein Ordnungsgeld festgesetzt werden, wenn dieses formell am Verfahren beteiligt gewesen ist.[100] Anderes gilt allerdings, wenn das Jugendamt in Bezug auf die Umgangsregelung auch nach materiellem Familienrecht – etwa als Amtsvormund des Kindes – Pflichtenträger ist.[101] Denn es ist im Kindschaftsverfahren unerlässlich, dass das Familiengericht dem Amtsvormund etwa für dessen Wahrnehmung des Aufenthaltsbestimmungsrechts konkrete Pflichten auferlegen kann. Insbesondere die Umgangsregelung durch das Familiengericht bedarf zur Wahrung des unter dem Schutz von Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG stehenden Rechts auf Umgang[102] einer effizienten gerichtlichen Geltendmachung und Vollstreckung. Zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes ist es demnach notwendig, dass die familiengerichtliche Anordnung, wenn ihr zuwidergehandelt wird, im Wege der Vollstreckung durchgesetzt werden kann. Dass sich die Vollstreckung gegen eine Behörde richtet, ist kein Hindernis. Auch der Amtsvormund muss daher alle Möglichkeiten nutzen, den Umgang des Kindes mit den Eltern durchzusetzen.[103] Hierbei ist allerdings zu differenzieren; soweit behördenintern den Umgang fördernde Maßnahmen nicht in die Zuständigkeit des Amtsvormundes, sondern in die des Pflegekinderdienstes oder des allgemeinen sozialen Dienstes fällt, genügt der Amtsvormund seinen Pflichten, wenn er nachdrücklich auf Maßnahmen dieser Abteilungen des Jugendamts hinwirkt.[104] Gerade mit Blick hierauf sollte das Gericht in Verfahren wegen Umgangs der leiblichen Eltern mit ihrem seit längerer Zeit in einer Pflegefamilie lebenden Kind die Pflegeeltern grundsätzlich nach § 161 Abs. 2 FamFG förmlich beteiligen. Denn dies berücksichtigt, dass die Pflegeeltern die Umgangsregelung im Alltag umzusetzen haben und nimmt diese selbst in die Pflicht, so dass die Regelung auch ihnen gegenüber vollstreckbar wird.[105] Außerdem sind sie nur so selbst beschwerdeberechtigt (siehe dazu § 4 Rdn 26).

[99] BGH FamRZ 1977, 126.
[100] So aber OLG Frankfurt FamRZ 2013, 809; dagegen zutreffend Finke, FF 2013, 142; siehe auch DIJuF-Rechtsgutachten JAmt 2013, 208; offen gelassen ["fraglich"] in BGH FamRZ 2014, 732; Anm. Clausius, FF 2014, 314.
[101] BGH FamRZ 2014, 732; zust. Anm. Clausius, FF 2014, 314.
[103] BGH FamRZ 2014, 732; Anm. Clausius, FF 2014, 314.
[104] So zutreffend DIJuF-Hinweise in JAmt 2014, 234.
[105] Ebenso Hammer, FamRZ 2014, 736.

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