Rz. 27

Die Verhängung von Ordnungsmitteln erfordert – wie bereits nach bislang geltendem Recht – einen schuldhaften Verstoß gegen die gerichtliche Entscheidung bzw. den gerichtlich gebilligten Vergleich.[76] Die mithin – objektiv – erforderliche Zuwiderhandlung muss dem Verpflichteten nachgewiesen werden. Insoweit ist auch dann der Vollbeweis zu führen, wenn der Titel im einstweiligen Anordnungsverfahren geschaffen worden ist; Glaubhaftmachung genügt nicht.[77] Es genügt bei einem Umgangstitel, dass der betreuende Elternteil gegen seine dem Umgangstitel immanente Verpflichtung verstößt, die Durchführung der titulierten Umgangstermine zu fördern. Dies ist der Fall, wenn der betreuende Elternteil am Umgangstermin ortsabwesend ist oder – bei von ihm behaupteten entgegenstehenden Kindeswillen – nicht alle erzieherischen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um auf das Kind zwecks Ausübung des Umgangs einzuwirken. Diesen Anforderungen genügt der betreuende Elternteil nicht, wenn er das Kind von der Wohnung zu dem vor dem Haus wartenden Umgangsberechtigten schickt, ohne zusätzliche Signale zu geben, dass er mit dem Umgangskontakt einverstanden ist und dessen Durchführung wünscht.[78] Der betreuende Elternteil darf es also dem Kind nicht im Ergebnis freistellen, ob es die Umgangskontakte wahrnehmen will oder nicht.[79] Er muss auch seine familiären und beruflichen Verpflichtungen so einrichten, dass er den Umgang des anderen Elternteils gewähren kann; ist ihm dies nach Titelerrichtung nicht mehr möglich, bleibt ihm nur der Weg des Abänderungsverfahrens.[80] Der Ausübung des periodischen Umgangsrechts können allerdings im Einzelfall beachtliche Gründe entgegenstehen, aufgrund derer es der umgangsberechtigte Elternteil hinzunehmen hat, dass an einem bestimmten Tag entgegen der titulierten Regelung ausnahmsweise kein Umgang mit dem Kind stattfinden kann. Ein solcher Grund ist insbesondere dann anzunehmen, wenn das Kind wegen einer von dem sorgeberechtigten Elternteil geplanten Ferienreise abwesend ist. Eine andere Beurteilung ist lediglich dann gerechtfertigt, wenn sich die Urlaubsgestaltung unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des umgangsberechtigten Elternteils als schikanös und treuwidrig erweist und sie insbesondere dazu dient, das Umgangsrecht zu vereiteln oder sogar – vor allem bei langfristiger oder häufig wiederkehrender Urlaubsabwesenheit – im Kern auszuhöhlen.[81]

Vereitelt ein Elternteil einen lediglich privat vereinbarten Umgangstermin, der in dem gerichtlichen Umgangstitel nicht vorgesehen war, so kann ein Ordnungsmittel nicht verhängt werden.[82]

 

Rz. 28

Ein Verschulden des Verpflichteten setzt nicht voraus, dass er vorsätzlich gehandelt hat; Fahrlässigkeit genügt.[83] Anders als noch § 33 FGG erlegt § 89 Abs. 4 FamFG nunmehr dem Verpflichteten die Substantiierungs- und Feststellungslast für das fehlende Vertretenmüssen auf.[84] Dies hat bedeutsame Folgen. Der das Ordnungsmittel beantragende Elternteil kann sich nunmehr darauf beschränken vorzutragen, dass er sein Umgangsrecht nicht ordnungsgemäß gewährt bekommen hat. Es ist dann Sache des verpflichteten Elternteils, die Umstände, die den Grund für das Scheitern der Umgangskontakte darstellen, im Einzelnen darzustellen und ggf. Beweis für diese anzutreten. Diese Umstände liegen regelmäßig in der Sphäre der verpflichteten Person; sie sind im Nachhinein objektiven Feststellungen häufig nur eingeschränkt zugänglich. Gelingt es dem Verpflichteten nicht, detailliert zu erläutern, warum er an der Befolgung der gerichtlichen Anordnung gehindert war, kommt ein Absehen von der Festsetzung des Ordnungsmittels nicht in Betracht. In seltenen Fällen mag ein unvermeidbarer Verbotsirrtum in Betracht kommen.[85] Beruft sich etwa ein Elternteil nach Zuwiderhandlung gegen eine gerichtliche Umgangsentscheidung auf den entgegenstehenden Willen des Kindes,[86] wird ein fehlendes Vertretenmüssen nur dann anzunehmen sein, wenn er im Einzelfall darlegt, wie er auf das Kind eingewirkt hat.[87] Dies setzt verschärft subs­tantiierten Vortrag dazu voraus, dass der Verpflichtete das Kind in der gebotenen Weise eindringlich darauf hingewiesen hat, dass er mit den Umgangskontakten einverstanden ist und deren Durchführung wünscht.[88] Er schuldet im Rahmen seiner Loyalitätspflicht die Herstellung einer positiven, nicht (mehr) von Feindseligkeit geprägten, den Umgang bezüglichen Atmosphäre in seinem Haushalt.[89] Genügt dies nicht, muss der Verpflichtete strenge erzieherische Maßnahmen – freilich unter Ausnahme der nach § 1631 Abs. 2 BGB verbotenen Erziehungsmethoden – gegenüber dem Kind ergreifen. Diese dürfen nicht weniger intensiv sein als diejenigen, die der Elternteil wählen würde und müsste, falls sich das Kind gegen einen weiteren Schulbesuch sträuben würde.[90] Erst wenn durch solchen Vortrag, über den das Gericht bei Bestreiten des Umgangsberechtigten Beweis zu erheben hat, nachgewiesen ist, dass die Umgangskontakte an der nachhaltig ablehnenden Haltung des Kindes scheitern und...

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