Rz. 33

Wird einem bestehenden Vollstreckungstitel, der auf die Herausgabe eines Kindes oder die Umsetzung einer Umgangsregelung gerichtet ist, zuwider gehandelt, so kann das Familiengericht die Nichtbefolgung durch Festsetzung eines Ordnungsgeldes ahnden. Im Gegensatz zur bislang geltenden Gesetzeslage bedarf es keiner zwischengeschalteten Androhung mehr. Anstelle der Androhung ist die Ankündigung der Folgen der Zuwiderhandlung bereits in dem Herausgabe- oder Umgangstitel eingeführt worden (§ 89 Abs. 2 FamFG).[106]

 

Rz. 34

Stellt das Gericht eine schuldhafte Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel fest, so "kann" es ein Ordnungsmittel verhängen. Mit dem insoweit dem Gericht eingeräumten Ermessen wollte der Gesetzgeber[107] dem Urteil des BVerfG vom 1.4.2008 Rechnung tragen, wonach der unwillige Elternteil nicht zwangsweise zur Ausübung des Umgangs mit seinem Kind verpflichtet werden kann, es sei denn, es liegen im konkreten Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass der erzwungene Umgang dem Kindeswohl dient.[108] Es ist zu bedauern, dass der Gesetzgeber es nicht bei der im Entwurf zum FGG-RG vorgesehenen Soll-Vorschrift belassen hat, was auch verfassungsrechtlich unbedenklich gewesen wäre. Denn der BVerfG-Entscheidung vom 1.4.2008 lag gerade eine atypische Konstellation zugrunde, so dass auch eine Soll-Vorschrift verfassungskonformer Auslegung zugänglich gewesen wäre.[109] Abgesehen davon ist sehr zu begrüßen, dass sich der Gesetzgeber in Abkehr von den bisherigen Zwangsmittel, die lediglich Beugemittel waren, nun für Ordnungsmittel entschieden hat, die repressive und generalpräventive Elemente besitzen.[110] Auf erster Stufe kommt dabei die Festsetzung eines Ordnungsgelds in Betracht.

[106] Siehe dazu auch BGH, Beschl. v. 3.8.2016 – XII ZB 86/15, juris.
[107] BT-Drucks 16/9733, S. 291 f.
[108] BVerfG FamRZ 2008, 845; Anm. Völker, FamRB 2008, 174; Anm. Clausius, jurisPR-FamR 14/2008, Anm. 1; Zempel, AnwZert FamR 9/2008, Anm. 3; OLG Frankfurt FamRZ 2014, 403.
[109] Kemper/Schreiber/Völker/Clausius/Wagner, § 89 Rn 9.

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