Rz. 133

Probleme der nicht-ehelichen Gemeinschaften waren Thema des 23. Verkehrsgerichtstages 1985 (Arbeitskreis II) und 45. Verkehrsgerichtstages 2007 (Arbeitskreis I).[111] Die dort angesprochenen gesellschaftlichen Veränderungen treten immer deutlicher zutage: Die Ehe hat als Standardbeziehung zweier Menschen an Bedeutung eingebüßt zugunsten anderer, auch nicht mehr zwingend auf Dauer angelegter Beziehungen ("Lebensabschnittspartnerschaft").

 

Rz. 134

Die Zahl der nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften ist seit Beginn der siebziger Jahre stark angestiegen. Nach Schätzungen hat sich ihre Zahl zwischen 1972 und 1995 verzehnfacht.[112] 2015 lebten mehr als 2,8 Mio. Paare in einer nicht-ehelichen Gemeinschaft.[113] Bezeichnend ist, dass heute mehr als 20 % aller Kinder bei ihren nicht verheirateten Eltern oder Elternteilen aufwachsen; der Anteil der nicht-ehelichen Gemeinschaften mit Kindern ist auf über 30 % gestiegen.[114]

 

Rz. 135

Der Gesetzgeber hat sich bis dato nicht zu einer umfassenden gesetzlichen Regelung entschließen können. Der Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse nicht-ehelicher Lebensgemeinschaften[115] aus dem Jahre 1997 ist nicht Gesetz geworden.[116]

 

Rz. 136

Dieser gesellschaftliche Wandel hat natürlich auch Auswirkungen auf das Versorgungs-, Versicherungs- und Schadenersatzsystem, das primär noch immer auf einem durch die eheliche Beziehung geprägten System aufbaut (siehe u.a. §§ 844, 845 BGB).

 

Rz. 137

Das Bestehen einer nicht-ehelichen Gemeinschaft – anders als die Ehe oder eingetragene Partnerschaft (LPartG) – führt nicht zur Unterhaltsberechtigung i.S.v. § 844 BGB.[117]

[111] Die (z.T. erweiterten) Referate zum VGT 2007, Arbeitskreis I sind veröffentlicht: Jahnke, Versorgungsschaden in der nicht-eheliche Lebensgemeinschaft nach einem Unfall, NZV 2007, 329; Jahnke, Angehörigenprivileg im Wandel, NZV 2008, 57; Pardey, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft im Versicherungs- und Verkehrsrecht, zfs 2007, 243 (Teil 1) und zfs 2007, 303 (Teil 2); Delank, Sind nichteheliche Partner im Verkehrs- und Versicherungsrecht den ehelichen Partnern gleich zu behandeln?, zfs 2007, 183.
[112] Siehe Hausmann/Hohloch-Hausmann Einführung Rn 6; vgl. auch BVerfG v. 3.4.1990–1 BvR 1186/89 – BVerfGE 82, 6 = DVBl 1990, 690 = FamRZ 1990, 727 (Anm. Bosch FamRZ 1991, 1) = JZ 1990, 811 (Anm. Roellecke; Sobota JZ 1992, 231) = MDR 1990, 895 = NJW 1990, 1593 = NJW-RR 1990, 834 (nur Ls.) = WM 1990, 1071 = WuM 1990, 241 (Anm. Lützenkirchen WuM 1993, 373) = ZMR 1990, 290.
[113] Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung v. 30.7.2017.
[114] Siehe auch BVerfG v. 9.11.2004 – 1 BvR 684/98 – BGBl I 2005, 1047 = FamRZ 2005, 590 (Anm. Klinkhammer) = NJW 2005, 1413 (zu C.II.3.b.).
[115] Nichteheliche-Lebensgemeinschaften-Gesetz, BT-Drucks 13/7228.
[116] BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 92/05 – DGVZ 2007, 20 = EWiR 2007, 171 (nur Ls.) (Anm. Ahrens) = FamRZ 2007, 457 (Anm. Böttcher) = WM 2007, 423 = ZIP 2007, 352.
[117] Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke-Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 25. Aufl. 2018, § 844 BGB Rn 28.

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