Rz. 164

Der Käufer kann nach § 441 Abs. 1 BGB ""statt zurückzutreten"" den Kaufpreis mindern. Damit setzt die Minderung ebenso wie der Rücktritt das Vorliegen eines Sach- oder Rechtsmangels sowie die Fristsetzung zur Nacherfüllung und deren ergebnislosen Ablauf voraus, sofern sie nicht entbehrlich ist, gem. §§ 323 Abs. 3, 440 BGB. Allein die Beschränkung in § 323 Abs. 5 S. 2 BGB, der Ausschluss bei unerheblicher Pflichtverletzung, findet nach § 441 Abs. 1 S. 2 BGB keine Anwendung. Der Verweis auf das Rücktrittsrecht bringt auch den Ausschluss der Minderung mit sich, wenn der Käufer für den Mangel ""allein oder weit überwiegend verantwortlich ist"". Außerhalb dieses Bereichs findet ein Mitverschulden über die allgemeine Vorschrift des § 254 BGB analoge Anwendung.[253]

 

Rz. 165

Die Minderung ist parallel zum Rücktritt als Gestaltungsrecht konzipiert, wie das Erfordernis der Ausübung durch empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Verkäufer in § 441 Abs. 1 S. 1 BGB erkennen lässt. In der Erklärung ist der Minderungsbetrag anzugeben oder die Benennung des Betrages auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Durch die rechtsgestaltende Wirkung verliert der Käufer sein Wahlrecht.[254] Er kann also, falls er den Mangel irrtümlich als unerheblich eingeschätzt hat, nicht mehr wechseln und den Rücktritt erklären, falls das für ihn vorteilhafter gewesen wäre.

 

Rz. 166

Stellt der Käufer allerdings zu einem späteren Zeitpunkt weitere Mängel fest, die kumulativ eine Erheblichkeit begründen, soll der Rücktritt für den Käufer nicht durch die zuvor wegen eines unerheblichen Mangels erklärte Minderung ausgeschlossen sein. Der zufällige Zeitpunkt der Entdeckung des Mangels darf sich nicht nachteilig für den Käufer durch den Ausschluss des Rücktrittsrechts auswirken. Schadensersatz oder Aufwendungsersatz kann der Käufer gem. § 437 Nr. 2, 3 BGB auch neben der Minderung geltend machen.

 

Rz. 167

Sind auf der Seite des Käufers oder des Verkäufers mehrere Personen beteiligt, sieht § 441 Abs. 2 BGB vor, dass die Minderung auch nur von allen bzw. gegen alle erklärt werden kann und nicht durch Einzelpersonen. Dieses Einheitsprinzip ist entsprechend für den Rücktritt in § 351 BGB geregelt.[255]

 

Rz. 168

Die Festsetzung des Minderungsbetrages erfolgt gem. § 441 Abs. 3 S. 1 BGB anhand der Formel: tatsächlicher Wert der mangelhaften Sache multipliziert mit dem vereinbarten Kaufpreis dividiert durch den objektiven Wert der mangelfreien Sache. Satz 3 sieht die Möglichkeit vor, die Höhe des Minderungsbetrages gem. § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen. Eine Schätzung durch Richter oder Gutachter bietet sich im Streitfall an, ebenso auch, wenn die Bezifferung des Minderwertes durch Reparatur- oder Mehrkosten aufgrund der Unbehebbarkeit des Mangels nicht möglich ist.

 

Rz. 169

Die Durchführung der Minderung richtet sich nach den §§ 346 Abs. 1, 347 Abs. 1 BGB. Ist der Kaufpreis bereits vollständig gezahlt, kann der Käufer nach § 441 Abs. 4 BGB als Anspruchsgrundlage den überzahlten Kaufpreis zurückfordern. Der Anspruch erstreckt sich auch auf die gezogenen Zinsen, bzw. die, die nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft zu ziehen gewesen wären.[256]

 

Rz. 170

 

Praxistipp

Rücktritt und Minderung sind wegen der Gestaltungswirkung der Erklärungen mit Vorsicht zu genießen. Es ist kaum ein Fall denkbar, in dem der Anspruchsteller nicht mit dem Verlangen nach Schadensersatz besser fährt.

[253] Huber/Faust, Kap. 13 Rn 86 ff.; Lorenz/Riehm, Rn 525, 526.
[254] Boerner, ZIP 2001, 2264, 2270.
[255] BT-Drucks 14/6040, 235; Palandt/Weidenkaff, § 441 Rn 11.
[256] Huber/Faust, Kap. 13 Rn 93; Palandt/Putzo, § 441 Rn 18.

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