Rz. 3

Nach § 434 Abs. 1 BGB ist ein Sachmangel jede ungünstige Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit. Fehlt eine vorrangige, ausdrückliche oder konkludente Vereinbarung der Sollbeschaffenheit, sind objektive Umstände maßgeblich.[1] Danach liegt ein Sachmangel vor, wenn sich die Sache nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, ansonsten, wenn sie sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet oder ihr eine Beschaffenheit fehlt, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. § 434 Abs. 1 S. 3 BGB konkretisiert die üblicherweise im Rechtsverkehr zu erwartende Beschaffenheit, indem dazu auch Eigenschaften gezählt werden, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, Herstellers oder seines Gehilfen in der Werbung oder der Kennzeichnung der Sache erwarten kann. Nach § 434 Abs. 2, 3 BGB werden Montagefehler als Sachmangel behandelt, ebenso die Aushändigung einer mangelhaften Montageanleitung, eine aliud-Lieferung und die Lieferung einer zu geringen Menge. Analog § 363 BGB ist der Verkäufer bis zur Annahme der Sache durch den Käufer für deren Mangelfreiheit beweispflichtig.[2] Danach hat der Käufer einen Mangel der Kaufsache zu beweisen.[3]

[1] Roth, NJW 2004, 330, 330; Westermann, NJW 2002, 241, 243; Lorenz/Riehm, Rn 483.
[2] BGH NJW 1985, 2328, 2329.
[3] Erman/Grunewald, § 434 Rn 69; Westermann, NJW 2002, 241, 250.

1. Beschaffenheit

 

Rz. 4

Das Gesetz lässt eine Definition des Begriffs der Beschaffenheit weiterhin vermissen. Somit ist wie bisher davon auszugehen, dass unter die Beschaffenheit einer Sache nicht nur ihre physischen Eigenschaften fallen, sondern auch ihre rechtliche und wirtschaftliche Beziehung zur Umwelt, soweit sie nach der Verkehrsanschauung für die Brauchbarkeit oder den Wert der Sache von Bedeutung sind und ihren Grund in der Sache selbst haben.[4] Nunmehr stellt der BGH klar, dass als Beschaffenheit einer Kaufsache sowohl alle Faktoren anzusehen sind, die der Sache selbst anhaften und die nach der allgemeinen Auffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache haben, als auch die Beziehung der Sache zur Umwelt.[5] Das Bestehen einer Herstellergarantie für ein Fahrzeug ist nach der BGH-Entscheidung als Beschaffenheitsmerkmal der Kaufsache nach § 434 Abs. 1 BGB anzusehen, soweit die weiteren Voraussetzungen dieser Vorschrift vorliegen. Es ist somit ein Sachmangel begründet. Der Herstellergarantie kommt somit stets ein erhebliches wirtschaftliches Gewicht zu.[6]

[4] Str., so unter Berufung auf die bisherige st. Rspr., z.B. BGH NJW 1992, 2564, 2565; Reinking/Eggert, Rn 179 m.w.N.; Lorenz/Riehm, Rn 482; a.A. Häublein, NJW 2003, 388, 389, 390; Gronstedt/Jörgens, ZIP 2002, 52, 54; a.A. Wolf/Kaiser, DB 2002, 411, 412.
[5] BGH, Urt. v. 15.6.2016 – VIII 134/15.
[6] Reinking/Eggert, Der Autokauf, Rn 2441; OLG Schleswig DAR 2012, 581, Rn 22.

2. Beschaffenheitsabweichung

a) Beschaffenheitsvereinbarung

 

Rz. 5

Die Kaufsache hat im Zeitpunkt des Gefahrübergangs gem. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB in erster Linie der vereinbarten Beschaffenheit zu entsprechen.

Sie ist aus dem Vertragsinhalt durch Auslegung zu ermitteln. Grundlage dafür sind der Bestellschein, der schriftliche Kaufvertrag und die zugrunde gelegten AGB. Im Fall mündlicher Absprachen oder konkludent getroffener Vereinbarungen sind diese vorrangig vor entgegenstehenden Regelungen in den AGB zu berücksichtigen. Allerdings kann es im Fall des Bestreitens für den Käufer in diesen Fällen schwierig sein, seiner Beweispflicht zu genügen.

b) Fabrikneuheit als vertraglich vereinbarte Beschaffenheit

 

Rz. 6

Mit der Bestellung eines Neuwagens wird regelmäßig konkludent seine Fabrikneuheit vereinbart.[7] Wie ein Fahrzeug beschaffen sein muss, damit dieses Merkmal zu bejahen ist, beschäftigt die Gerichte seit Jahren. Nach der neuesten Rechtsprechung des BGH ist ein unbenutztes Kraftfahrzeug regelmäßig dann als "fabrikneu" einzustufen, wenn und solange das Modell dieses Fahrzeugs unverändert weitergebaut wird, es keine durch längere Standzeiten bedingte Mängel aufweist, zwischen Herstellung des Fahrzeugs und dem Abschluss des Kaufvertrages nicht mehr als zwölf Monate liegen und wenn das Fahrzeug nicht benutzt ist.[8]"Nicht benutzt" heißt, dass der Neuwagen mit Ausnahme der Überführungsfahrt seinem bestimmungsgemäßen Gebrauch als Verkehrsmittel noch nicht zugeführt worden sein darf.[9]

 

Rz. 7

Insbesondere zur maximalen Länge der Lagerdauer wurden bisher in Literatur und Rechtsprechung höchst unterschiedliche Auffassungen vertreten.[10]

 

Rz. 8

Unter Lagerdauer ist die Zeitspanne ab der Herstellung bis zum Abschluss des Kaufvertrages zu verstehen, wobei es unerheblich ist, ob der Wagen währenddessen in Obhut des Herstellers oder Händlers verblieben ist. Anerkannt war, dass ein Fahrzeug, solange es in dieser Modellreihe unverändert produziert wird, nach seiner Herstellung noch "einige Zeit" als fabrikneu galt. Das "Verfallsdatum" der Fabrikneuheit wurde häufig bei bis zu zwölf Monaten angesetzt,[11] aber teilweise wurden auch 14,[12] 16,[13] 18[14] oder 24[15] Monate als unschädlich angesehen. Zur Sicherung einer einheitlic...

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