Rz. 1

Auch im JVEG haben sich umfangreiche Änderungen ergeben. Bedeutsam für den Anwalt sind hier die Anhebung der Fahrtkosten und der Entschädigungen für Zeitversäumnis eines Zeugen.

 

Rz. 2

Nach § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO erhält eine Partei Kostenerstattung für Reisekosten und Zeitversäumnis anlässlich der Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins. Die Höhe dieser Erstattungsforderung richtet sich nach dem JVEG. Daher sind die Änderungen des JVEG insoweit auch für die Kostenerstattung von Bedeutung.

 

Rz. 3

Nimmt eine Partei an einem gerichtlichen Termin teil, so kann sie bei einem entsprechenden Kostenerstattungsanspruch vom Gegner eine Kostenerstattung wegen ihrer Fahrtkosten sowie der entstandenen Zeitversäumnis verlangen.

 

Rz. 4

Entgegen einer häufig anzutreffenden Ansicht kommt es nicht darauf an, ob die Partei persönlich geladen war. Einer Partei steht es immer frei, am eigenen Termin teilzunehmen. Wer besser als die Partei kann zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen? Wer besser als die eigene Partei kann einem Zeugen oder Gegner Vorhaltungen machen? Und wer besser als die Partei kann entscheiden, ob ein Vergleich geschlossen werden soll oder nicht? Daher findet eine Notwendigkeitsprüfung nicht statt.

 

Rz. 5

 
Hinweis

Die durch Teilnahme an einem Gerichtstermin veranlassten Reisekosten einer Partei sind grundsätzlich erstattungsfähig, ohne dass es darauf ankommt, ob sie anwaltlich vertreten oder ihr persönliches Erscheinen angeordnet war.

OLG Koblenz, Beschl. v. 3.7.2009 – 14 W 442/09[1]

 

Rz. 6

 
Hinweis

Erstattungsfähigkeit von Parteireisekosten und Reisekosten des Prozessbevollmächtigten

Die Reisekosten einer Partei zu einem gerichtlichen Termin sind grundsätzlich erstattungsfähig. Es kommt nicht darauf an, ob das Gericht das persönliche Erscheinen angeordnet hat.

OLG Saarbrücken, Beschl. v. 20.6.2012 – 9 W 8/12[2]

 

Rz. 7

Das gilt auch dann, wenn die Partei aus dem Ausland anreist.

 

Rz. 8

 
Hinweis

Parteireisekosten zur Wahrnehmung von Gerichtsterminen sind in der Regel erstattungsfähig. Das gilt auch dann, wenn die Partei aus Übersee (hier: USA) anreist, um sich zur absehbaren Anhörung der Gegenseite und einer Zeugenaussage äußern zu können.

OLG Koblenz, Beschl. v. 22.11.2010 – 14 W 678/10[3]

Zu erstatten sind auch die Kosten für die Teilnahme an einem von einem gerichtlichen Sachverständigen anberaumten Sachverständigentermin.

 
Hinweis

Erstattungsfähigkeit der Reisekosten für Teilnahme an einem Sachverständigentermin

Die Reisekosten eines Anwalts zu einem von einem gerichtlichen Sachverständigen anberaumten Ortstermin sind grundsätzlich zu erstatten.

AG Zeitz, Beschl. v. 5.12.2018 – 4 C 164/17[4]

 

Rz. 9

Eine Notwendigkeit dürfte lediglich für die Teilnahme an einem Verkündungstermin zu verneinen sein.

 

Rz. 10

Zu beachten ist, dass es für die Partei keine der Vorbem. 7 Abs. 2 VV RVG entsprechende Regelung gibt. Eine Partei erhält daher auch dann eine Erstattung ihrer Aufwendungen, wenn sie im Gerichtsort wohnt oder dort ihren Sitz hat.

 
Hinweis

Eine Partei erhält auch dann ihre Reisekosten zum Termin und die damit verbundene Zeitversäumnis erstattet, wenn sie am Gerichtsort wohnt.

LG München I, Beschl. v. 12.8.2019 – 30 O 5993/17

 

Rz. 11

 
Hinweis

Erstattungsfähigkeit von Parteireisekosten

Die Reisekosten einer Partei zum Gerichtstermin sind auch dann erstattungsfähig, wenn sie innerhalb des Gerichtsortes stattfinden. Ein Verlassen der politischen Grenzen des Gerichtsortes ist nicht erforderlich.

AG Limburg, Beschl. v. 16. 9. 2010 – 4 C 304/09 (10)

 

Rz. 12

Ist eine GmbH Partei, dann kann sie Reisekosten und Verdienstausfall für ihren Geschäftsführer in eigenem Namen geltend machen.

 

Rz. 13

 
Hinweis

Verdienstausfall eines GmbH-Geschäftsführers während einer Terminswahrnehmung

Einer juristischen Person kann wegen der Teilnahme ihres Geschäftsführers an einem Gerichtstermin ein Anspruch auf Verdienstausfall zustehen.

BGH, Beschl. v. 2.12.2008 – VI ZB 63/07[5]

 

Rz. 14

Dieselben Erstattungsgrundsätze gelten auch in anderen Verfahren, soweit die jeweilige Verfahrensordnung auf § 91 Abs. 1 ZPO Bezug nimmt.

 

Rz. 15

Auch im Falle eines Freispruchs in einer Straf- oder Bußgeldsache erhält daher die Partei ihre Fahrkosten sowie eine Entschädigung für Zeitversäumnis erstattet. Erstattungsschuldner ist dann die Landeskasse.

[1] AGS 2010, 102 = JurBüro 2010, 210 = FamRZ 2010, 1104 = NJW-Spezial 2010, 187.
[2] AGS 2010, 496.
[3] AGS 2011, 517 = GuT 2011, 165 = JurBüro 2011, 598.
[4] AGS 2019, 45 = NJW-Spezial 2019, 125 = RVGprof. 2019, 57.
[5] AGS 2009, 100 = zfs 2009, 105 = MDR 2009, 230 = ZIP 2009, 436 = AnwBl 2009, 239 = VersR 2009, 417 = NZG 2009, 317 = Rpfleger 2009, 274 = JurBüro 2009, 141 = NJW 2009, 1001 = ZInsO 2009, 739 = NJW-Spezial 2009, 60 = RVGreport 2009, 113 =JurBüro 2009, 277.

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