Rz. 77

Die Klägerin nahm die Beklagte zu 1 als Haftpflichtversicherer eines Zugfahrzeugs und die Beklagte zu 2 als Tierhalterin auf Ersatz von Verdienstausfallschaden in Anspruch.

 

Rz. 78

Die Klägerin half am 30.7.1999 beim Verladen eines Turnierpferds auf einen Pferdeanhänger mit Zugfahrzeug. Das Pferd riss sich beim Verladen los und trat der Klägerin in den Bauchraum. Hierbei erlitt sie schwerste Verletzungen, aufgrund derer sie dauerhaft arbeitsunfähig ist und eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht. Ihre Klage auf Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall wurde im sozialgerichtlichen Verfahren rechtskräftig abgewiesen.

 

Rz. 79

Die am 18.9.1960 geborene Klägerin hatte 1978 eine Ausbildung zur Patentanwaltsgehilfin abgeschlossen. 1983 erlangte sie auf dem zweiten Bildungsweg die allgemeine Hochschulreife mit einer Durchschnittsnote von 2,4. Von 1991 bis 1996 studierte sie Germanistik und erreichte einen Magisterabschluss mit der Gesamtnote "sehr gut". Seit 1992 unterrichtete sie in verschiedenen Einrichtungen vor allem Deutsch als Fremdsprache. Mit Wirkung vom 1.4.1998 ging sie ein bis zum 31.3.2003 befristetes Beschäftigungsverhältnis in Teilzeit als Lehrkraft für besondere Aufgaben bei der Technischen Universität Darmstadt ein. Sie beabsichtigte zu promovieren und begann mit Vorbereitungen hierfür.

 

Rz. 80

Die Klägerin hat Ersatz ihrer materiellen und immateriellen Schäden sowie die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten verlangt. Zum Verdienstausfallschaden hatte sie mit Beweisangeboten vorgetragen, ohne den Unfall hätte sie bis zum Ende ihres Beschäftigungsverhältnisses zum 31.3.2003 ihre beabsichtigte Promotion abgeschlossen. Aufgrund ihrer erworbenen beruflichen Qualifikation hätte sie ab 2004 eine sichere vollschichtige Arbeitsstelle im öffentlichen Dienst als Lehrkraft erlangt, die mindestens nach der Vergütungsgruppe BAT IIa eingruppiert gewesen wäre. Hierdurch hätte sie eine monatliche Bruttovergütung von rund 4.500 EUR erzielt, was nach Abzug der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung ein Einkommen vor Steuern von 3.600 EUR ergeben hätte. Demgegenüber hatten die Beklagten vorgetragen, auf dem für die Klägerin relevanten Arbeitsmarkt stehe ein sehr geringes Angebot an Arbeitsplätzen einer großen Zahl von Bewerbern gegenüber. Die Klägerin, die im Zeitpunkt des beabsichtigten Berufseintritts erheblich älter als andere gleich qualifizierte Bewerber gewesen wäre, hätte voraussichtlich keine Chance auf Erlangung eines Arbeitsplatzes gehabt.

 

Rz. 81

Das LG hat der Klage unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils von 25 % teilweise stattgegeben. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Beklagten auf die Berufung der Klägerin auf der Grundlage einer hundertprozentigen Haftung zur Zahlung weiteren Schadensersatzes verurteilt sowie festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen zukünftigen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen. Unter anderem hat es die Beklagten verurteilt, ab 1.1.2006 eine monatliche Rente in Höhe von 2.853,33 EUR abzüglich bereits gezahlter 42.085 EUR, vierteljährlich im Voraus zu zahlen. In diesem Umfang hat der erkennende Senat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten die Revision zugelassen, mit der die Beklagten insoweit ihren Antrag auf Klageabweisung weiter verfolgten.

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