Rz. 457

Zunächst völlig losgelöst vom internationalen Mitarbeitereinsatz verlangen ganz allgemein die meisten Finanzverwaltungen der Welt von Konzernunternehmen die Einhaltung des sog. "Arm’s Length Prinzips".

"Konzernunternehmen" sind dabei Unternehmen, die miteinander rechtlich verbunden sind und von einem der Unternehmen beherrscht werden. Im Schaubild 1 bilden die Muttergesellschaft BRD AG, deren Töchter, die Spanien S.A. und die USA Inc. sowie die Töchter der Spanien S.A., die Portugal S.A. und die Brasilien S.A. insgesamt einen Konzern im Sinne des Arm’s Length Prinzips. Denn alle sind über die Aktienbeteiligungen rechtlich miteinander verbunden und werden insgesamt von der deutschen BRD AG beherrscht. Der BRD AG gehören letztendlich alle Konzernunternehmen und die AG kann deshalb bestimmen, wie die Geschäfte bei den einzelnen Gesellschaften gestaltet werden.

Das Arm’s Length Prinzip verlangt nun, dass Konzernunternehmen ihre Geschäftsbeziehungen untereinander wie fremde Dritte abwickeln müssen. Also so, als wären sie nicht miteinander verbunden und völlig unabhängig voneinander ("Fremdvergleichsgrundsatz"). Ziel und Sinn dieser Regel ist es, willkürliche Gewinnverlagerungen nach Ländern mit günstigeren Körperschaftsteuersätzen zu verhindern.

 

Rz. 458

 

Beispiel 1:

Ein Unternehmen A in Land A stellt Maschinen zu Kosten von 100 pro Stück her. Die Maschinen werden in Land B von der 100 %-Tochtergesellschaft B vertrieben. Der Verkaufspreis auf dem Markt in B liegt bei 300 pro Stück. Die Körperschaftsteuersätze in A betragen 50 %, in B 20 %. Aus Konzernsicht wäre es naturgemäß günstig, den gesamten Verkaufsgewinn einer Maschine von 200 (300 Verkaufspreis minus 100 Produktionskosten) in B anfallen zu lassen. Das könnte der Konzern leicht erreichen. Die Tochtergesellschaft B gehört der A und ist somit völlig abhängig von A. A kann deshalb den Verkaufspreis der Maschinen von A an B willkürlich festlegen. Wird der Preis auf 100 fixiert, hat der Konzern sein Ziel einer möglichst niedrigen Körperschaftsbesteuerung erreicht. Im Land A entsteht ein körperschaftsteuerlicher Gewinn von null (diktierter, willkürlicher Verkaufserlös 100 ./. Produktionskosten 100) und in Land B von 200 (Verkaufserlös am freien Markt 300 ./. diktierte, willkürliche Einkaufskosten 100). Offensichtlich ist diese Gewinnverteilung jedoch willkürlich. Ein unabhängiges Unternehmen A hätte die Maschinen nämlich nicht für 100 verkauft, weil dabei bei A kein Gewinn entsteht.

Das Arm’s Length Prinzip verhindert eine solche willkürliche Verteilung des Gewinns auf A und B. A muss danach die Maschinen an B zu einem angemessenen, marktüblichen und wie zwischen fremden Dritten vereinbarten Preis, z.B. 250, verkaufen. Dann fällt in A ein Gewinn von 150 und in B von 50 an.

Um die Einhaltung des Arm’s Length Prinzips kontrollieren zu können, muss die Finanzverwaltung wissen, zu welchem Preis fremde Dritte dieses Geschäft abgewickelt hätten. Dazu haben die steuerliche Rechtsprechung, die Finanzverwaltung, betriebswirtschaftliche Forschung, Steuerberater und Andere Methoden entwickelt, wie dieser "angemessene, marktübliche" Preis zu ermitteln ist.[1]

Bei Nichtbeachtung des Arm’s Length Prinzips wird der körperschaftsteuerliche Gewinn des benachteiligten Unternehmens um den erlittenen Nachteil erhöht. Verkauft A die Maschinen also tatsächlich zu 100 statt zu 250, fällt in A ein Gewinn von Null und in B von 200 an. Unter Anwendung des Arm’s Length Prinzips wird die Steuerverwaltung von A den Gewinn von A bei der nächsten Betriebsprüfung um 150 (= der erlittene Nachteil) erhöhen. Üblicherweise erfolgt in B keine korrespondierende Korrektur des Gewinns, bzw. ist eine solche regelmäßig nur mit erheblichen Schwierigkeiten zu erreichen. Als für den Konzern insgesamt katastrophales Ergebnis wird nunmehr ein Gewinn von 350 (150 in A und 200 in B) der Körperschaftsteuer unterworfen, obwohl tatsächlich nur ein Gewinn von 200 erzielt wurde.

 

Rz. 459

Es gilt also, alle Geschäftsbeziehungen im Konzern zu Konditionen wie zwischen fremden Dritten abzuwickeln. Andernfalls bauen sich körperschaftsteuerliche Risiken auf, die erhebliche Dimensionen annehmen können.

Der BFH hat das Arm’s Length Prinzip in langjähriger Rechtsprechung aus deutscher Sicht erweitert. Er verlangt als zweites, zwingend erforderliches Merkmal die vorherige schriftliche Fixierung der jeweiligen Geschäftsbeziehung zwischen den Konzernunternehmen. Das jeweilige Geschäft muss aufgrund eines im Vorhinein abgeschlossenen schriftlichen Vertrags zwischen den beteiligten Unternehmen abgewickelt werden.[2]

Schließlich hat der deutsche Gesetzgeber ab 2003 die Mitwirkungspflichten der Steuerpflichtigen bei Auslandsgeschäften deutlich verschärft. Nach § 90 Abs. 3 AO müssen bei allen Auslandsgeschäften mit Konzerngesellschaften detaillierte Aufzeichnungen erstellt werden. Daraus müssen sich alle Aspekte des einzelnen Geschäfts ergeben, insbesondere wie Preise und Geschäftsbedingungen ermittelt wurden. Die Aufzeichnungen sind b...

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