Rz. 467

Bei Einsätzen von Mitarbeitern außerhalb ihres Heimatlandes entsteht die Frage, in welchem der beiden beteiligten Länder der Mitarbeiter der Einkommensteuer unterliegt. Dann ist zu klären, wie die Länder die Steuer "technisch" erheben. Ist vom Unternehmen Lohnsteuer einzubehalten und/oder muss der Mitarbeiter eine Einkommensteuererklärung abgeben?

Dabei stellen sich diese Fragen unter zahlreichen Fallkonstellationen, wie z.B.

 

Rz. 468

Anstellung des Mitarbeiters beim Konzernunternehmen im Heimat- oder Gastland,
zwei Lohnzahlungsstellen oder nur eine, aber evtl. nicht beim zivilrechtlichen Arbeitgeber,
Steuerliche Ansässigkeit des Mitarbeiters im Heimat- oder Gastland oder gar in beiden Staaten (doppelte Ansässigkeit)
Arbeitsausübung nur im Gastland oder auch teilweise im Heimatland,
Weiterbelastung des gezahlten Gehalts oder nicht usw.
 

Rz. 469

Es gibt somit eine Vielzahl an möglichen Fallkonstellationen. Trotzdem kann die Frage der Einkommensteuersituation des Mitarbeiters während der Auslandstätigkeit anhand eines relativ einfachen, dreistufigen Prüfschemas umfassend abgeklärt werden. Das Schema ist für alle Einkunftsarten des Mitarbeiters anwendbar. Nicht nur bzgl. seines Gehalts, sondern z.B. auch für Zinsen, Dividenden oder Vermietungseinkünfte. Darüber hinaus ist es länderunabhängig, d.h. es passt auf Mitarbeitereinsätze zwischen beliebigen Ländern. Das Prüfschema und die zum Verständnis notwendigen steuerlichen Grundbegriffe und Zusammenhänge werden im Folgenden eingehend erläutert.

I. Ansässigkeit

 

Rz. 470

Zentrales Anknüpfungsmerkmal für den Umfang der Steuerpflicht des Mitarbeiters in den beiden beteiligten Ländern ist die steuerliche Ansässigkeit. Sie bestimmt, wie weitgehend der Mitarbeiter in dem jeweiligen Land zur Besteuerung herangezogen wird. Es ist wichtig zu erkennen, dass zur Beurteilung der steuerlichen Situation des Mitarbeiters während der Auslandstätigkeit zuerst immer die steuerliche Ansässigkeit zu prüfen ist. Setzt die Prüfung an einer anderen Stelle an, z.B. wo der Mitarbeiter "auf der Payroll" steht oder mit welchem Konzernunternehmen er einen Arbeitsvertrag hat oder ob er mehr als 183 Tage in einem der Staaten tätig ist, führt dies regelmäßig zu falschen Ergebnissen. Die weitverbreitete Ansicht, der Mitarbeiter sei mit seinem Gehalt dort steuerpflichtig, wo er bezahlt werde oder wo der zivilrechtliche Arbeitgeber sitze, ist falsch. Auch die Annahme, eine Steuerpflicht könne dann nicht entstehen, wenn man sich in einem Staat nicht mehr als 183 Tage aufhält, ist unzutreffend.

Die Steuerpflicht von Gehältern richtet sich vielmehr fast ausschließlich danach

wo der Mitarbeiter während der Auslandstätigkeit steuerlich ansässig ist und
in welchem Land er seine Arbeit physisch ausübt.

Bei anderen Einkünften, z.B. Zinsen und Dividenden kommt es im Wesentlichen auf die Ansässigkeit an. Wichtig ist noch, dass die steuerliche Ansässigkeit immer in beiden beteiligten Staaten zu prüfen ist. Dazu sind die in diesen Ländern geltenden steuerlichen Vorschriften heranzuziehen.

Erster Punkt des dreistufigen Prüfschemas ist daher die steuerliche Ansässigkeit.

II. Doppelbesteuerungsabkommen

 

Rz. 471

Die Prüfung der steuerlichen Ansässigkeit ergibt häufig, dass der Mitarbeiter mit seinen Einkünften in beiden beteiligten Staaten steuerpflichtig ist. Es droht deshalb für diese Einkünfte eine Doppelbesteuerung. Bei entsprechenden Steuersätzen müsste der Mitarbeiter dann u.U. mehr Steuern zahlen als er Einkommen hat. Um diese drohende doppelte Belastung zu verhindern, haben zahlreiche Staaten untereinander sog. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen. Einziges Ziel dieser DBA ist es, die drohende Doppelbesteuerung zu vermeiden.

Daraus ergibt sich der zweite Punkt des Prüfschemas: Immer dann, wenn Einkünfte des Mitarbeiters in beiden beteiligten Staaten besteuert werden sollen, ist das betreffende DBA zu prüfen. Über das DBA wird geklärt, wie die Doppelbesteuerung vermieden wird. Besteht zwischen den beiden Staaten kein DBA, wird die Doppelbesteuerung nur dann vermieden, wenn sich in den Steuergesetzen der beiden Staaten entsprechende Vorschriften finden. Andernfalls bleibt es bei der Doppelbesteuerung.

Zweiter Punkt des dreistufigen Prüfschemas ist daher das Doppelbesteuerungsabkommen.

III. Erhebungsformen

 

Rz. 472

Nach Prüfung der ersten beiden Punkte steht fest, mit welchen seiner Einkünfte der Mitarbeiter jeweils in den beiden Staaten besteuert werden wird. Jetzt fehlt nur noch, wie die beiden Staaten die Steuern auf die Einkünfte praktisch erheben. Wie sie also "an ihr Geld kommen". Angesprochen sind damit die sog. Erhebungsformen der Steuern. Muss das Unternehmen Lohnsteuern einbehalten? Ist der Mitarbeiter verpflichtet Einkommensteuererklärungen abzugeben und/oder Vorauszahlungen zu leisten? Sind auch diese Fragen beantwortet, ist die steuerliche Situation des Mitarbeiters während der Auslandstätigkeit grundsätzlich geklärt.

Dritter Punkt des dreistufigen Prüfschemas sind daher die Erhebungsformen.

IV. Zusammenfassung des Prüfschemas

 

Rz. 473

Die einkommensteuerliche Situation des Mitarb...

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