Rz. 173

Im Rahmen zunehmender Mobilität und international wirtschaftlicher Verflechtungen nehmen Rechtsstreitigkeiten mit ausländischen Prozessparteien zu.

 

Rz. 174

 

Hinweis

Allerdings zeigt die Rechtsprechung hier auch zunehmend Beispielsfälle in Alltagsgeschäften etwa bei Verkehrsunfällen,[85] Mietstreitigkeiten,[86] Versicherungsansprüchen[87] oder Auseinandersetzungen im Rahmen von Dienstleistungs- und Werkverträgen zwischen In- und Ausländern.

 

Rz. 175

Nach § 110 ZPO kann der Beklagte von einem Kläger, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum hat, wegen der Prozesskosten Sicherheit verlangen.[88] Es kommt also nicht darauf an, ob es sich um einen Deutschen, einen EU-Bürger oder einen Ausländer außerhalb der EU handelt. Entscheidend ist allein der außerhalb des umschriebenen Raums liegende gewöhnliche Aufenthalt.[89]

 

Rz. 176

 

Hinweis

Hat eine britische Limited mit geringem Haftungskapital als Klägerin eine zustellfähige Adresse in Großbritannien, sodass eine Vollstreckung der Form nach möglich ist, ist keine Prozesskostensicherheit i.S.v. § 110 ZPO stellen. Außer Betracht zu bleiben hat dabei sowohl der Umstand, dass Alleingesellschafter und Director der Limited ggf. ihren Wohnsitz in den USA haben, als auch der Umstand, dass ggf. für Verbindlichkeiten der Klägerin die Grundsätze des Haftungsdurchgriffs auf einen Alleingesellschafter Anwendung finden, da Letzteres ausschließlich die Problematik der Forderungsrealisierung betrifft.[90]

 

Rz. 177

Nach § 110 Abs. 2 ZPO ist dieses Verlangen nur dann beschränkt, wenn

völkerrechtliche Verträge das Verlangen einer Sicherheit ausschließen,
die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten aufgrund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde,
 

Hinweis

Ein solcher Vertrag besteht insbesondere mit den Vereinigten Staaten von Amerika nicht.[91]

der Kläger im Inland über ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen verfügt oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt,
bei Widerklagen und bei Klagen aufgrund öffentlicher Aufforderung.
 

Rz. 178

Wesentlich ist hier für die Praxis insbesondere der Ausschluss der Prozesskostensicherheit durch völkerrechtliche Verträge. Dies ist im Einzelfall zu prüfen.[92]

 

Rz. 179

Auch das Verlangen nach Prozesskostensicherheiten nach § 110 ZPO stellt eine nach § 295 ZPO durch rügelose Einlassung verzichtbare Verfahrensrüge dar. Auch diese muss mithin vor der ersten mündlichen Verhandlung geltend gemacht werden.[93]

 

Rz. 180

 

Hinweis

Die Einrede der mangelnden Prozesskostensicherheit muss sich dabei grundsätzlich auf alle Rechtszüge beziehen,[94] sodass der Bevollmächtigte auf jeden Fall vermeiden muss, diesbezügliche Einschränkungen zu machen. Im Gegenteil wird er ausdrücklich darauf hinzuweisen haben, dass die nach § 112 ZPO festzusetzende Prozesskostensicherheit alle Rechtszüge umfasst.

 

Rz. 181

 

Hinweis

Dies kann dazu führen, dass aufgrund der Höhe der zu leistenden Prozesskostensicherheit der Kläger aus finanziellen Gründen nicht mehr in der Lage ist, den Rechtsstreit zu betreiben.

 

Rz. 182

Über das Verlangen auf Prozesskostensicherheit ist nach mündlicher Verhandlung durch ein Zwischenurteil zu entscheiden,[95] was den Rechtsstreit weiter verzögert. Auch hier bleibt es den Parteien allerdings unbenommen, das schriftliche Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO anzuregen. Die so ergehende Entscheidung kann auch nicht über das Antragsverfahren nach § 109 ZPO, der für die allgemeine Sicherheitsleistung nach § 108 ZPO gilt, rückgängig gemacht werden.[96]

Das Zwischenurteil, welches den Antrag auf Leistung der Prozesskostensicherheit zurückweist, ist nach § 280 Abs. 2 S. 1 ZPO als Endurteil anzusehen und insoweit mit der Berufung nach §§ 511 ff. ZPO anfechtbar. Inwieweit auch das Urteil, welches die Sicherheitsleistung anordnet, anfechtbar ist, ist umstritten. Während die überwiegende Auffassung diese Entscheidung für unanfechtbar hält,[97] soll nach anderer – jedoch vor der Entscheidung des BGH ergangenen – Auffassung auch in diesem Fall die Berufung statthaft sein.[98] Die h.M. hält dementsprechend auch das Zwischenurteil, welches zwar eine Prozesskostensicherheit anordnet, jedoch der Höhe nach unter dem Antrag des Beklagten bleibt, für unanfechtbar. Entscheidet das Gericht über eine Prozesskostensicherheit zu Unrecht durch Beschluss anstatt durch Zwischenurteil, ist gleichwohl ein isoliertes Rechtsmittel gegen die Entscheidung nicht gegeben.[99]

 

Rz. 183

 

Praxistipp

Liegen die entsprechenden Voraussetzungen nach §§ 114 ff. ZPO vor, kann allerdings Prozesskostenhilfe beantragt werden, was zur Folge hat, dass nach § 122 Abs. 1 Nr. 2 ZPO die Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für Prozesskosten entfällt.

 

Rz. 184

Die Prozesskostensicherheit ist nach § 112 ZPO der Höhe nach von dem Gericht nach freiem Ermessen festzusetzen. Dabei wird sich das Gericht regelmäßig von der von dem Beklagten vorzulegenden B...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge