A. Einleitung

 

Rz. 1

Das Asylrecht ist ein Sonderregime des Migrationsrechts. Es regelt das Verfahren und die materiellen Voraussetzungen für den Schutzstatus von Menschen, die aufgrund der Bedingungen und Gefahren in ihrem Herkunftsstaat in Deutschland Schutz suchen. Während das Aufenthaltsrecht in seinen Voraussetzungen für die Erteilung oder Feststellung eines Aufenthaltsrechts im Wesentlichen auf Tatsachen im Bundesgebiet rekurriert – wie etwa eine Erwerbstätigkeit oder familiäre Bindungen –, beschäftigt sich das Asylrecht mit der Situation im Herkunftsstaat und legt fest, unter welchen Voraussetzungen wegen der Unzumutbarkeit einer Rückkehr ein Bleiberecht in Deutschland geboten ist.

 

Rz. 2

Das deutsche Asylrecht und Asylverfahrensrecht ist im Asylgesetz (AsylG) geregelt. Bereits historisch,[1] aber erst recht in der konkreten Ausgestaltung ist das Asylrecht maßgeblich – und deutlich stärker als das allgemeine Aufenthaltsrecht – vom Völkerrecht und vom Unionsrecht geprägt. Das zentrale völkerrechtliche Instrumentarium ist hierbei das gemeinhin als Genfer Flüchtlingskonvention bezeichnete Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951.[2] In diesem Abkommen wurde erstmals umfassend und konkret definiert, wer als Flüchtling gilt, nämlich gem. Art. 1A Nr. 2 jede Person, die sich außerhalb ihres Herkunftsstaates befindet und aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen bestimmter persönlicher Merkmale (Rasse, Religion, Nationalität, politische Überzeugung und Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe) um Schutz nachsucht. Zugleich formuliert Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention das daran anknüpfende non-refoulement-Gebot (Prinzip der Nicht-Zurückweisung), das es verbietet, Menschen zurückzuweisen, denen eine entsprechende Verfolgung droht.

 

Rz. 3

Daneben hat nicht zuletzt durch die sehr umfassende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auch die Europäische Menschenrechtskonvention eine bemerkenswerte Bedeutung für das Asylrecht im weiteren Sinne, da sich aus der Konvention weitreichende Vorgaben ergeben, in welchen Fällen und aufgrund welcher drohenden Gefahren Menschen nicht abgeschoben oder zurückgewiesen werden dürfen.

Mit dem Vertrag von Amsterdam von 1999 wurde schließlich die Asylpolitik in großen Teilen unionsrechtlich vergemeinschaftet; die Rechtsgrundlage des Unionsrechts der Gegenwart ist nunmehr Art. 78 AEUV. In der Folge entwickelte sich das Gemeinsame Europäische Asylsystem mit zahlreichen Verordnungen und Richtlinien zum Zweck der Kooperation und Harmonisierung im Bereich des Asylrechts und der Asylverfahren. Zu erwähnen sind an dieser Stelle u.a. die Qualifikationsrichtlinie (RL 2011/95/EU) mit materiellen Vorgaben zu Umfang und Inhalt von Flüchtlingsschutz und subsidiärem Schutz, die Asylverfahrensrichtlinie (RL 2013/32/EU) mit Regelungen zur Asylantragstellung, zum Prüfverfahren und zum Rechtsschutz, die Aufnahmerichtlinie (RL 2013/33/EU), die Vorgaben zu Unterbringung, Sozialleistungen und medizinischer Versorgung macht, und schließlich die Dublin III-VO (VO (EU) Nr. 604/2013), die die Zuständigkeit für Asylverfahren zwischen den Mitgliedstaaten regelt.

[1] Dazu: Goodwin-Gill/McAdam, The Refugee in International Law, 2007, S. 358 ff.
[2] UN Treaty Series, Band 189, 137.

B. Asylverfahren und Entscheidung

I. Typische Sachverhalte

 

Rz. 4

Die Mandantin aus Serbien ist nach Deutschland eingereist und wünscht eine Beratung über den Inhalt und die Chancen eines Asylverfahrens.
Die Mandantin aus Afghanistan hat einen negativen Asylbescheid zugestellt bekommen und möchte dagegen gerichtlich vorgehen.

II. Rechtliche Grundlagen

 

Rz. 5

Zuständig für die Durchführung des Asylverfahrens nach dem AsylG ist nicht die Ausländerbehörde, sondern gem. § 5 Abs. 1 AsylG das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Allein für den Fall, dass eine Person nur Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 AufenthG geltend macht, ist der Antrag bei der zuständigen Ausländerbehörde auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 3 AufenthG zu stellen, wobei in diesem Fall das BAMF gem. § 72 Abs. 2 AufenthG beteiligt wird und die materielle Entscheidung über das Vorliegen des Abschiebungsverbots trifft, die dann von der Ausländerbehörde im Wege der Entscheidung über die Aufenthaltserlaubnis unter den weiteren Voraussetzungen von § 25 Abs. 3 AufenthG umgesetzt wird.

 

Rz. 6

Ein Asylverfahren wird nur auf Antrag eingeleitet. Der Antrag ist gem. § 14 Abs. 1 AsylG bei der zuständigen Außenstelle des BAMF zu stellen. Ausnahmsweise kann der Asylantrag gem. § 14 Abs. 2 AsylG schriftlich bei der BAMF-Zentrale in Nürnberg eingereicht werden, wenn die Person

bereits einen Aufenthaltstitel mit einer Gesamtgeltungsdauer von mehr als sechs Monaten besitzt,
sich in Haft oder sonstigem öffentlichem Gewahrsam, in einem Krankenhaus, einer Heil- oder Pflegeanstalt oder in einer Jugendhilfeeinrichtung befindet oder
minderjährig ist und ihr gesetzlicher Vertreter nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.
 

Rz. 7

Ein Asylverfahren wird jedoch nicht erst und ...

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