Rz. 19

Die Sperre darf nicht nach generalisierenden Erwägungen, sondern nur nach der individuellen Gefährlichkeit des Täters bemessen werden (OLG Düsseldorf VM 64, 67). Tabellen sind deshalb, als mit dem Charakter der Sperre unvereinbar, unzulässig (OLG Celle DAR 1972, 334).[1]

 

Rz. 20

 

Achtung: Tabellen

Dennoch existieren fast überall (meist inoffizielle) Tabellen, an die sich Staatsanwaltschaft und Gerichte fast sklavisch halten. Diese Tabellen variieren von Staatsanwaltschaft zu Staatsanwaltschaft, vor allem aber von Bundesland zu Bundesland erheblich, wobei zum Süden hin Strafen und Sperrfristen wesentlich höher sind.

Zur Orientierung sind in der Anlage die für die Landgerichtsbezirke Zweibrücken und Saarbrücken geltenden Tabellen abgedruckt, die Saarbrücker Tabelle vor allem deshalb, weil sie auch die Gewährung von Ausnahmen regelt.

 

Rz. 21

 
Richtlinien zur Bearbeitung von Verkehrssachen (StA Zweibrücken)
  Tagessätze Sperrfrist 1. Wiederholungstäter 2. Wiederholungstäter
Strafe mit Bewährung Sperrfrist Strafe ohne Bewährung
§ 316 StGB 1,1 bis 1,5 ‰ 30 6–9 Monate 2 Monate doppelte Sperrfrist gegenüber Ersttäter  
1,5 bis 2,00 ‰ 40 9–11 Monate 3 Monate
Über 2,00 ‰ 50 ab 10 Monate 4 Monate
§ 315c StGB nur mit Sachschaden:        
1,1 bis 1,5 ‰ 40 9–12 Monate 3 Monate
1,5 bis 2,00 ‰ 50 12–15 Monate 4 Monate
Über 2,00 ‰ 60 ab 12 Monate 5 Monate
Bei Tateinheit mit – leichteren Körperverletzungen 5–10 Tagessätze mehr – erheblicheren Körperverletzungen 10–20 Tagessätze mehr
§ 142 StGB mit Fremdschäden:  
25 bis 700 EUR

15

wenn nicht § 153 oder § 153a StPO
 
  700 bis 1.000 EUR 15 1 Monat Fahrverbot  
  1.000 bis 1.300 EUR 20–30 2 Monate Fahrverbot  
  1.300 bis 1.600 EUR 20–30 3 Monate Fahrverbot  
  Ab 1.600 EUR 30–40

9–12 Monate

Sperre
 
  mit Personenschaden bei – leichteren und mittleren Körperverletzungen 1- bis 1,5-fach, – erheblicheren Körperverletzungen 2-fach    
§ 21 Abs. 1 S. 1 StVG leichtere Fälle 10 20 Tagessätze  
schwerere Fälle 30 6–12 Monate mind. 50 Tagessätze
§ 230 StGB – leichte Verletzungen 10 Tagessätze – mittlere Verletzungen ab 15 Tagessätze – erheblichere Verletzungen ab 20 Tagessätze

Berücksichtigung der Nachschulung:

Bis Ende 2018 wurde die Nachschulung (wie in Baden-Württemberg) im Gnadenweg mit einem Rabatt von zwei Monaten Sperre berücksichtigt. Seit 2019 muss auch in Rheinland-Pfalz der Weg über die Gerichte mit einem Antrag nach § 69a Abs. 7 StGB gegangen werden.

 

Rz. 22

 
Richtlinien zur Bearbeitung von Verkehrssachen (StA Saarbrücken)
  Tages-sätze (i.d.R.) Sperrfrist Wiederholungstäter (wenn einschlägige Vorstrafe/n in den letzten 3 Jahren)
wenn § 47 StGB einschlägig wenn § 47 StGB nicht einschlägig
§ 316 StGB bis 1,59 ‰ 30 8–10 Monate 60–120 Tagessätze 2–4 Monate Freiheitsstrafe
ab 1,60 ‰ 40 ab 10 Monate 90–150 Tagessätze 3–5 Monate Freiheitsstrafe

§ 315c StGB

bis 1,59 ‰ 40 8–10 Monate 90–150 Tagessätze 3–5 Monate Freiheitsstrafe
ab 1,60 ‰ 50 ab 10 Monate 120–180 Tagessätze 4–6 Monate Freiheitsstrafe
Bedeutender Wert im Sinne § 315c StGB (§§ 315, 315a, 315b) ab 1.309 EUR

§ 142 StGB (Schaden)

Schaden ab:        
650,00 EUR 20–30 1 Monat Fahrverbot 120–180 Tagessätze 4–6 Monate Freiheitsstrafe
800,00 EUR 30 2 Monate Fahrverbot
1.100,00 EUR 40 3 Monate Fahrverbot
1.300,00 EUR 50 ab 9 Monate Sperre
Schaden nur Reparaturkosten + MwSt. (sofern nicht vorsteuerabzugsberechtigt)
§§ 315c bzw. 316 i.V.m. § 142 StGB je nach Fremdschaden 2–4 Monate höhere Sperre als bei § 316 oder § 315c StGB

Berücksichtigung von Aufbauseminaren:

Bei Nachweis eines anerkannten Aufbauseminars ist die Sperrfrist um bis zu 2 Monate zu reduzieren.

Auch wenn die übliche Sperrfrist bereits abgelaufen ist, darf der Führerschein – ab 1,6 ‰ regelmäßig, im Übrigen in Zweifelsfällen – nur herausgegeben werden, wenn die Wiedereignung durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten festgestellt ist.

Voraussetzungen für Ausnahmegenehmigung (keine Ausnahme für Lkw-Führerscheine und vorsätzlich begangene Straftaten gem. § 69 Abs. 2 StGB möglich):

1. Die existenzielle Gefährdung des Arbeitsplatzes des Beschuldigten muss durch Bescheinigung des Arbeitgebers nachgewiesen werden.

2. BAK muss grundsätzlich unter 1,60 ‰ liegen.

3. Keine einschlägigen Vorstrafen, zumindest in den letzten zehn Jahren (muss durch Auszug aus der Führerscheinkartei belegt sein).

4. Die Tat darf nicht mit einem Fahrzeug der Klasse begangen worden sein, für die die Ausnahme beantragt wird.

5. Keine erhebliche Verletzungen der anderen Unfallbeteiligten.
[1] Scherer, DAR 1980, 110.

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