Rz. 19

War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

 

Rz. 20

Verschulden liegt vor, wenn der Beteiligte diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten war.[23] Das unverschuldete Hindernis muss kausal sein für das Fristversäumnis. Sowohl eigenes Verschulden als auch das Verschulden eines Bevollmächtigten wird dem Beteiligten zugerechnet. Beruht die Versäumung einer gesetzlichen Frist auf einem Verschulden des Prozessbevollmächtigten, so ist dies der Partei nach § 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen. Dabei gehört es grundsätzlich zu den Sorgfaltspflichten eines Rechtsanwalts, die Wahrung der Fristen eigenverantwortlich zu überwachen.[24]

 

Rz. 21

Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind glaubhaft zu machen. Zur Glaubhaftmachung kann er sich aller Beweismittel und der eidesstattlichen Versicherung bedienen (§ 173 VwGO i.V.m. § 294 Abs. 1 ZPO). Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen.

 

Rz. 22

Die Wiedereinsetzung kann auch ohne Antrag von Amts wegen gewährt werden (§ 60 Abs. 2 S. 4 VwGO). Dazu ist allerdings notwendig, dass die Tatsachen die die Wiedereinsetzung rechtfertigen, dem Gericht bekannt oder glaubhaft gemacht sind.

 

Rz. 23

Zuständig für die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag ist das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

 

Rz. 24

Bei Versagung der Wiedereinsetzung ist in der Sache selbst das für die jeweilige Entscheidung vorgesehene Rechtsmittel gegeben. Gegen die Gewährung der Wiedereinsetzung ist kein Rechtsmittel gegeben; die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar, § 60 Abs. 5 VwGO. An diese Entscheidung ist auch die nächsthöhere Instanz gebunden.[25]

[23] BVerwG NJW 1976, 1332; Kopp/Schenke, § 60 Rn 9; Bader u.a., § 60 Rn 2; Einzelfälle zum Verschulden bei Kopp/Schenke, § 60 Rn 10 ff.
[24] NdsOVG NVwZ-RR 2004, 227: zur Einhaltung einer Berufungszulassungs-Begründungsfrist; BVerwG NJW 1995, 2122: zur Revisionsbegründungsfrist; zur Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist vgl. OVG NRW NVwZ-RR 2004, 221.
[25] Bader u.a., § 60 Rn 43 f.; Kopp/Schenke, § 60 Rn 39 f.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge