Rz. 90

Durch verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle gem. § 47 VwGO können untergesetzliche landesrechtliche Normen vom OVG auf ihre Gültigkeit hin untersucht werden.[146] Bestimmt das Recht eines Landes auf der Grundlage von § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, dass das Oberverwaltungsgericht über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften entscheidet, sind davon nur Vorschriften dieses Landes erfasst.[147]

 

Rz. 91

Dies umfasst zunächst die in § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO für Satzungen nach dem BauGB vorgesehene Normenkontrolle. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB können Verkehrsflächen Inhalt der Festsetzung in einem Bebauungsplan sein. Geschieht dies, so können die von dieser Planung betroffenen Grundstückseigentümer sich mit einem Normenkontrollantrag gemäß § 47 VwGO gegen diese Planung wehren.[148]

 

Rz. 92

Darüber hinaus ist diese verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle in den meisten Bundesländern auch für andere im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschriften ausgestaltet worden (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. den landesrechtlichen Ausführungsgesetzen zur VwGO):[149]

BW (§ 4 AGVwGO),
Bayern (Art. 5 Abs. 1 AGVwGO),
Brandenburg (§ 4 Abs. 1 VwGG),
Bremen (Art. 7 AGVwGO),
Hessen (§ 11 Abs. 1 AGVwGO),
MV (§ 13 GerOrgG),
Nds (§ 7 VwGG),
RP (§ 4 AGVwGO; mit Einschränkungen),
Saarland (§ 16 AGVwGO),
Sachsen (§ 14 VerfAG),
Sachsen-Anh. (§ 10 AGVwGO),
SH (§ 5 AGVwGO),
Thüringen (§ 4 AGVwGO).
 

Rz. 93

Modifizierungen gibt es in Rheinland-Pfalz. Berlin, Hamburg und Nordrhein-Westfalen haben von § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO keinen Gebrauch gemacht.[150] Hier bleibt es beim Rechtsschutz gegen untergesetzliches Landesrecht im Wege der Inzidentkontrolle, wobei im Nichtgebrauch von der Ermächtigung kein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG gesehen wird.[151]

 

Rz. 94

Der Normenkontrollantrag ist begründet, soweit die gerügte Norm gegen höherrangiges Recht verstoßen hat und somit nichtig ist.

 

Rz. 95

 

Beispiele

Normenkontrolle bzgl. einer Polizeiverordnung, die auf öffentlichen Straßen und Gehwegen und in Grün- und Erholungsanlagen das Niederlassen außerhalb von Freiausschankflächen ausschließlich oder überwiegend zum Zwecke des Alkoholgenusses untersagt und gleichzeitig ein Betteleiverbot ausspricht.[152]
Das Verbot, sich auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen "nach Art eines Land- oder Stadtstreichers herumzutreiben", ist rechtsfehlerhaft.[153]
[146] Vgl. dazu ganz allg.: Schenke, Altes und Neues zum Rechtsschutz gegen untergesetzliche Normen, NVwZ 2016, 720 ff.
[148] BVerwG NVwZ 1998, 845; DVBl. 1999, 1288 = DÖV 1999, 730 = VRS 97, 283.
[149] Unruh, in: Fehling/Kastner, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 47 VwGO Rn 38.
[150] Vgl. Kopp/Schenke, § 47 Rn 23; Unruh, in: Fehling/Kastner, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 47 VwGO Rn 38.
[151] Unruh, in: Fehling/Kastner, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 47 VwGO Rn 12, 38.
[152] VGH BW NK-Beschl. v. 6.10.1998 – 1 S 2272/72, VBlBW 1999, 101 = zfs 1999, 88 – Ls.; vgl. hierzu auch VGH BW VBlBW 1998, 428 = DÖV 1998, 1015 = zfs 1998, 406 – Ls., m.w.N. im Hinweis der Schriftleitung; Delbanco, VBlBW 2000, 207, 242 ff.; vgl. auch OLG Saarbrücken zfs 1997, 473; vgl. auch OVG Weimar, Urt. v. 21.6.2012 – 3 N 653/09.
[153] VGH BW NJW 1984, 507.

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