Rz. 8

Beschlagnahme und vorläufige Entziehung stehen nebeneinander und haben identische Grundvoraussetzungen (BGHSt 22, 385), d.h. es muss ein dringender Tatverdacht bestehen, ein für § 170 StPO ausreichender genügt. Darüber hinaus muss der endgültige Entzug höchstwahrscheinlich sein, deshalb muss im Zeitpunkt der Entscheidung eine hohe, fast an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit bestehen, dass die Fahrerlaubnis im Urteil entzogen werden wird (OLG Düsseldorf DAR 1992, 187; BVerfG VRS 90, 1).[2] Erforderlich ist, wie nach § 112 StPO für den Haftbefehl, ein hoher Grad von Wahrscheinlichkeit hierfür (LG Zweibrücken BA 2002, 287).

Es müssen deshalb zunächst einmal die Voraussetzungen des § 69 StGB erfüllt sein, d.h. der Beschuldigte muss anders als bei § 316 StGB ein Kraftfahrzeug geführt haben, weshalb eine mit dem Fahrrad begangene Trunkenheitsfahrt keine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigt (zur Einordnung von E-Bike, Pedelec und andererseits E-Roller, siehe § 37 Rdn 27). Entgegen der Auffassung des LG Kiel (DAR 2006, 699) kann auch im Falle einer Trunkenheitsfahrt mit einem Motorboot die Fahrerlaubnis nicht entzogen werden, denn die Definition eines Kraftfahrzeugs hat sich an § 1 Abs. 2 StVG zu orientieren (OLG Oldenburg NJW 1969, 199; BayObLG NZV 1993, 239).

 

Rz. 9

Wird dem Mandanten ein Regelfall des § 69 Abs. 2 StGB vorgeworfen und besteht ein dringender Tatverdacht, ist jede weitere Diskussion über die Berechtigung der Beschlagnahme bzw. vorläufigen Entziehung sinnlos, es sei denn, es läge ein extremer Ausnahmefall vor (siehe hierzu § 57 Rdn 17 ff.).

 

Rz. 10

 

Tipp

Bei der Beurteilung der Frage, ob eine endgültige Entziehung zu erwarten ist, sind alle Umstände des Einzelfalles mit zu berücksichtigen. Sind z.B. Angaben des Beschuldigten wegen Verstoßes gegen die Belehrungspflicht nicht verwertbar und sonstige Beweismittel nicht vorhanden, liegen dann keine dringenden Gründe für die Annahme vor, dem Beschuldigten werde die Fahrerlaubnis gem. § 69 StGB in der Hauptverhandlung entzogen, wenn die Verteidigung angekündigt hatte, der Verwertung der Angaben des Betroffenen bzw. der Vernehmung der Vernehmungsperson zu widersprechen (LG Koblenz zfs 2002, 406).

[2] So auch Hentschel, DAR 1988, 89.

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