Rz. 33

Auch Heranwachsende können noch dem Jugendstrafrecht unterfallen. Voraussetzung ist allerdings, dass es sich bei ihrer Tat um eine typische Jugendverfehlung handelt oder sie nach Überzeugung des Gerichts in ihrem Reifegrad eher einem Jugendlichen als einem Erwachsenen gleichstehen.

Mit dem Argument, der Erwerb der Fahrerlaubnis setze ja gerade einen gewissen Reifegrad voraus, wollen immer mehr Staatsanwälte auf Heranwachsende Erwachsenenstrafrecht anwenden.

 

Rz. 34

Diese Betrachtung wird dem jeweiligen Einzelfall jedoch nicht gerecht. Die Frage, ob der junge Führerscheininhaber nicht einem Jugendlichen gleichgestellt werden muss, kann nämlich nicht anhand eines einzelnen Aspektes entschieden werden, sondern ist im Einzelfall in einer Gesamtbetrachtung von Tat und Täter unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu entscheiden. Bei der Beurteilung ist dem Jugendrichter ein breites Ermessen eingeräumt (OLG Hamm StV 1999, 182; BGH NJW 2002, 73).

 

Rz. 35

 

Achtung

Bei länger laufenden Verfahren muss der Verteidiger darauf achten, dass sich die Beurteilung auf den Tattag zu beziehen hat und nicht auf den Eindruck, den der Betreffende in der Hauptverhandlung macht.

 

Rz. 36

Für Sanktionen gegen Heranwachsende, auf die Jugendrecht angewandt wird, gilt deshalb zunächst das oben Gesagte (siehe Rdn 32). Bei Verkehrsdelikten kommt danach eine Jugendstrafe nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht.

Ein solcher Ausnahmefall kann bei besonderer Schwere der Schuld i.S.d. § 17 Abs. 2 Alt. 2 JGG vorliegen. Eine besondere Schwere der Schuld kommt zwar nicht erst im Fall eines von einem Fahruntüchtigen verursachten Unfalls infrage, sie wird aber nur bei schwersten Verletzungsfolgen oder Tod und gleichzeitig vorliegender bewusster oder gröbster Fahrlässigkeit angenommen werden können (vgl. z.B. OLG Braunschweig NZV 2002, 194).

 

Rz. 37

 

Achtung: Polizeiliches Führungszeugnis

Im Übrigen gelten die allgemeinen Strafzumessungsregeln der §§ 46, 46a StGB, insbesondere § 46 Abs. 1 S. 2 StGB, nach dem gerade bei jungen Tätern im Hinblick auf § 32 Abs. 2 Nr. 5 BZRG eine Strafe nahe bei 90 Tagessätzen besonders bedacht werden muss (OLG Nürnberg StV 2006, 695).

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