A. Begriffe

I. Anlieger

 

Rz. 1

Straßenanlieger i.S.d. Anliegergebrauchs sind Eigentümer oder Besitzer von Grundstücken, die an einer öffentlichen Straße gelegen sind (vgl. z.B. § 17 Abs. 1 SStrG, § 17 Abs. 1 BayStrWG, § 14a Abs. 1 StrWGNW; § 3 Abs. 1 HambWG) und zu dieser in einer über das bloße Angrenzen hinausgehenden Beziehung stehen.[1]

Soweit es um "Anliegerverkehr" geht, ist damit nicht nur der dinglich oder schuldrechtlich Berechtigte gemeint, sondern jeder, der auf eine gewisse Dauer zum Betreten oder Benutzen eines anliegenden Grundstücks befugt ist.[2] Um eine spezifische Form des Anliegerverkehrs handelt es sich bei "Lieferverkehr".[3] Das BVerwG versteht unter "Lieferverkehr" den geschäftsmäßigen Transport von Sachen von oder zu Gewerbetreibenden sowie von oder zu sonstigen Kunden eines Gewerbetreibenden.[4] Diese Auslegung bestimmt auch das Verständnis der Beschilderung nach dem verobjektivierten Empfängerhorizont.[5]

[1] Kodal, 7. Aufl., Kap. 26, Rn 1.
[2] Vgl. BVerwG, Urt. v. 15.2.2000 – 3 C 14.99, NJW 2000, 2121 = zfs 2000, 467; König in Hentschel/König/Dauer, § 41 StVO Rn 248e; Heß in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, § 2 StVO Rn 85; dazu auch unten "Anlieger frei", Rdn 54.
[3] BVerwG, Urt. v. 8.9.1993 – 11 C 38.92, NJW 1994, 1080 = zfs 1994, 112, juris Rn 10; NdsOVG, Beschl. v. 29.12.2015 – 7 ME 53/15, NVwZ-RR 2016, 411.
[4] BVerwG, Urt. v. 8.9.1993 – 11 C 38.92, NJW 1994, 1080 = zfs 1994, 112, juris Rn 17.
[5] NdsOVG, Beschl. v. 29.12.2015 – 7 ME 53/15, NVwZ-RR 2016, 411.

II. Anwohner

 

Rz. 2

Der Begriff "Anwohner" wurde durch den des "Bewohners städtischer Quartiere" ersetzt.[6] Gleichwohl wird der Begriff immer noch verwendet.[7]

Deshalb soll auf den Begriff hier eingegangen werden.

Der Begriff wurde verwendet in § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG a.F., § 45 Abs. 1b Nr. 2 StVO a.F. Die dort eingeräumte Möglichkeit zur Errichtung von Parksonderrechten für Anwohner und die häufig praktizierte Parkraumbewirtschaftung zugunsten von Anwohnern wurde dann aber vom BVerwG in einer umfangreichen Rechtsprechung u.a. deshalb für rechtswidrig erklärt, weil der von dieser Regelung umfasste Anwohnerbegriff stets eine gewisse räumliche Nähe zwischen Wohnung und der Parkfläche vorausgesetzt hatte.[8]

 

Rz. 3

Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung war zunächst, dass der Begriff des Anwohners weder im StVG noch in der StVO definiert war. Er hatte jedoch insbesondere durch die Rechtsprechung des BVerwG eine gewisse Klärung erfahren. Einerseits wurde dabei festgestellt, dass die Parkbevorrechtigung nur solchen Personen zuerkannt werden könne, die in dem dafür in Anspruch genommenen Gebiet tatsächlich wohnen.[9] Andererseits war anerkannt, dass zwischen der Wohnung und dem in Betracht kommenden Abstellort des Pkw eine gewisse räumliche Nähe bestehen müsse. Dabei wurde der Anwohnerbegriff jedenfalls dann nicht mehr als erfüllt angesehen, wenn die Bewohner eines ganzen Stadtviertels, eines gesamten Stadtquartiers, eine flächendeckende Parksonderberechtigung erhalten.[10]

 

Rz. 4

Anwohner einer Straße war nach dieser Rechtsprechung nur derjenige, der in einem an dieser Straße gelegenen Haus wohnte.[11] Bezogen auf das Anwohnerparkrecht hatte das BVerwG weiter festgestellt, dass diesbezüglich eine Beschränkung auf die Straße, an der die Wohnung des Kraftfahrers liegt, zwar entfalle. Das aus dem Begriff des Anwohners folgende Erfordernis einer direkten räumlichen Beziehung zwischen Wohnung und dem in Anspruch zu nehmenden Parkraum werde damit aber nicht aufgehoben. Der Begriff des Anwohners erfordere auch hier eine enge räumliche Verbindung zwischen Wohnung und Pkw-Abstellplatz, eine Beschränkung auf einen Nahbereich, der in aller Regel nicht mehr als zwei bis drei Straßen umfasse.[12]

 

Rz. 5

Um die rechtliche Möglichkeit für die Anordnung großflächiger Bewohner-Parkbereiche zu schaffen, wurde dann die jetzt geltende Neuregelung getroffen, durch die nunmehr der Begriff des Bewohners städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel eingeführt wurde (vgl. Rdn 6 ff.).[13] Der Begriff "Anwohner" wurde in § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG durch den Begriff "Bewohner städtischer Quartiere" ersetzt (siehe Rdn 2).[14]

[6] König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 45 StVO Rn 36.
[7] Vgl. z.B. OVG NRW NVwZ-RR 2011, 423, 424 "Anwohnerparkplatz"; Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, § 39 Rn 19a, § 45 Rn 10, § 46 Rn 2, § 39, Zusatzzeichen 1044–30 "Anwohner mit Parkausweis Nr. ..."; siehe aber auch König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 45 Rn 36, Anhang "Katalog der Verkehrszeichen, Zusatzzeichen 1044–30 [alt]: "Anwohner mit Parkausweis Nr. ..." und 1044–30 jetzt: "Bewohner mit Parkausweis Nr. ..."."
[8] BVerwG zfs 1995, 117, m.w.N. im Hinweis der Schriftleitung; zfs 1993, 142 = NJW 1993, 1728; BVerwG, Urt. v. 28.5.1998 – 3 C 11.97, zfs 1998, 403 = NJW 1998, 2840 = DAR 1998, 362 = NZV 1998, 427 = DÖV 1998, 879.
[9] BVerwG zfs 1995, 117; 1998, 403, 404.
[10] BVerwG zfs 1993, 142; 1998, 403, 404.
[11] BVerwG zfs 1998, 403, 404.
[12] BVerwG zfs 1998, 403, 404.
[13...

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