Rz. 32

Aufpflasterungen, welche den einschlägigen Regeln des Straßenbaus und den sonstigen einschlägigen technischen Regelwerken entsprechen, erfüllen den Tatbestand des § 32 Abs. 1 StVO nicht.[78] Unsachgemäß durchgeführte Aufpflasterungen können allerdings zu Ansprüchen aus Amtshaftung führen.

 

Rz. 33

Für Teilaufpflasterungen der Fahrbahn in einer Zone mit zulässiger Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h bedarf der Träger der Straßenbaulast keiner Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO vom Verbot des § 32 Abs. 1 StVO. Der Verkehrsteilnehmer darf in einer Zone mit zulässiger Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h nicht darauf vertrauen, die Höchstgeschwindigkeit gefahrlos ausnutzen zu können. Daher ist es dem Träger der Straßenbaulast rechtlich nicht verwehrt, die Straße dergestalt teilweise aufzupflastern, dass auch für übliche Serienfahrzeuge das Befahren nur mit einer geringeren als der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gefahrlos möglich ist. Dies gilt erst recht dann, wenn durch Zeichen 112 StVO ("unebene Fahrbahn") auf die Teilaufpflasterung hingewiesen wird.[79]

 

Rz. 34

Wird eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Nr. 8 StVO dennoch erteilt, werden die Rechte der Straßenbenutzer dadurch nicht berührt, weil diesen nur ein Recht auf Teilhabe am bestehenden Gemeingebrauch zukommt. Am Gemeingebrauch ändert sich für den einfachen Straßenbenutzer aber durch die Ausnahmegenehmigung weder etwas in straßenrechtlicher noch in straßenverkehrsrechtlicher Weise. Insofern fehlt es ihm bereits an der Klagebefugnis. Auch eine Leistungsklage auf Beseitigung der Aufpflasterung wäre unzulässig.[80]

 

Rz. 35

Aus den Regeln des Straßengesetzes, welche Unterhaltungs- und Verkehrssicherungspflichten der Behörde festschreiben, lässt sich ein Anspruch auf Beseitigung von Fahrbahnschwellen nicht stützen. Dies gilt auch für den Straßenanlieger.[81]

 

Rz. 36

Ist eine Straßenaufpflasterung aber mit einer unzumutbaren Verkehrslärmerhöhung verbunden, so besteht für den betroffenen Anlieger über den Folgenbeseitigungsanspruch ein Anspruch auf Beseitigung der Aufpflasterung.[82] Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalles.[83] Bei der Planung verkehrsberuhigender Maßnahmen sind auch etwaige nachteilige Folgen dieser Planung, z.B. auch die durch sie bedingten erhöhten Verkehrsgeräusche durch Aufpflasterung, mit in Betracht zu ziehen. Sie sind im Rahmen der Abwägung ihrer Bedeutung entsprechend zu gewichten. Dabei muss sich der Träger der Straßenbaulast Klarheit hinsichtlich des Ausmaßes der negativen Folgen seiner Planung verschaffen und prüfen, ob nicht weniger belastende, gleich effektive verkehrsberuhigende Maßnahmen in Betracht kommen. Die zu erwartende Geräuschbelastung für die Anlieger ist in den Abwägungsvorgang einzustellen und es ist dabei zu untersuchen, ob der durch die Aufpflasterung erhöhte Verkehrslärm die Anlieger unzumutbar beeinträchtigt.[84]

 

Rz. 37

Im Zuge der Einrichtung einer Tempo-30-Zone wurde gleichzeitig eine bauliche Maßnahme zur Verkehrsberuhigung durchgeführt: Auf die Straße wurde eine zwei Meter breite Aufpflasterung aufgebracht, die auf eine ca. elf Meter lange, mit einer Bitumendecke versehene Fahrbahnerhöhung führt, an deren Ende sich dann eine ebenfalls zwei Meter breite Aufpflasterung anschließt, die auf das bisherige Niveau der Fahrbahn zurückführt. Diese Maßnahme verursachte notwendigerweise einen erhöhten Verkehrslärm. Hiergegen hatte sich ein Straßenanlieger mit Widerspruch und Klage gewendet: Die Baumaßnahme sei rechtswidrig, weil sie Lärm und Abgase verstärke. Er leide seitdem unter Schlafstörungen, Bluthochdruck und Herzbeschwerden. Sowohl das VG Neustadt a.d.W.[85] als auch das OVG RP[86] gaben ihm im Ergebnis Recht. Das VG verurteilte die Behörde zur Entfernung der Aufpflasterung.

 

Rz. 38

Das OVG RP wies die hiergegen eingereichte Berufung zurück: Bauliche Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung und hier insbesondere die Aufpflasterung einer Straße dürfen nicht um jeden Preis durchgeführt werden. Auch wenn durch sie eine grundsätzlich positiv zu beurteilende Verkehrsberuhigung erreicht werden soll, sind sie jedenfalls dann rechtswidrig, wenn durch sie notwendigerweise weiterer Verkehrslärm verursacht wird und wenn diese Erhöhung des Lärmpegels nicht mit den berechtigten Interessen des Anliegers abgewogen wird. Dem Anlieger steht ein Anspruch auf Unterlassung der Baumaßnahme oder, wenn diese bereits durchgeführt ist, auf Beseitigung nicht nur zu, wenn sein Grundeigentum rechtswidrig betroffen ist, sondern auch bei Verletzung dieses Abwägungsgebotes. Das Abwägungsgebot verlangt nach der Rechtsprechung des BVerwG die Durchführung einer Abwägung zwischen öffentlichen und privaten Belangen. Es muss ein Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen werden, die im Verhältnis zur objektiven Gewichtigkeit der einzelnen Belange steht. Diesem rechtsstaatlichen Gebot entspricht auf Seiten des durch die Planung betroffenen Bürgers, der sich auf einen abwägungsrelevanten Belang berufen ...

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