Rz. 76

Gem. § 72 OWiG kann das Gericht im schriftlichen Verfahren durch Beschluss die Ordnungswidrigkeitenangelegenheit entscheiden. Gem. § 72 Abs. 1 OWiG ist erforderlich, dass der Betroffene und die Staatsanwaltschaft dem Beschlussverfahren nicht widersprechen.

Das Gericht kann lediglich gegen den Widerspruch des Betroffenen im Beschlusswege entscheiden, wenn es den Betroffenen freispricht.

Gem. § 72 Abs. 3 S. 2 OWiG darf das Gericht von der im Bußgeldbescheid getroffenen Entscheidung nicht zum Nachteil des Betroffenen abweichen, so dass das Verbot der Schlechterstellung gilt.

Gem. § 72 Abs. 6 OWiG kann im Beschlussverfahren von einer Begründung der Entscheidung des Gerichtes abgesehen werden, wenn die Verfahrensbeteiligten hierauf verzichtet haben.

 

Rz. 77

Für den Verteidiger ist in einer Ordnungswidrigkeitenangelegenheit von Bedeutung, dass er einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren unter der Bedingung, z.B. dass das Bußgeld herabgesetzt wird oder aber dass ein Fahrverbot aufgehoben wird, zustimmt, so dass der Verteidiger praktisch "eine Anfrage zu einem Vergleich" stellen kann, um so zu sehen, wie das erkennende Gericht in dieser Sache mutmaßlich entscheiden wird.[136]

Durch die Entscheidung im schriftlichen Verfahren kann z.B. eine umfangreiche Beweisaufnahme oder die Einholung eines Sachverständigengutachtens vermieden werden. Ebenso empfiehlt sich eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 72 OWiG bei weiter entfernten Gerichtsterminen in Bezug auf den eigenen Kanzleisitz.

Gem. § 72 Abs. 1 S. 2 OWiG weist das Gericht den Betroffenen vor einer Entscheidung im Beschlusswege auf die Möglichkeit eines solchen Verfahrens und des Widerspruchs hin und gibt dem Betroffenen die Gelegenheit, sich innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung des Hinweises zu äußern.

Der Verteidiger muss jedoch berücksichtigen, dass gegen eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren, also durch Beschluss, nur eingewandt werden kann, es sei unzulässig gewesen im Beschlusswege zu entscheiden. Mit einer etwaigen Rechtsbeschwerde kann die Verurteilung als solches nicht angegriffen werden.[137]

[136] Gebhardt, Das verkehrsrechtliche Mandat, Bd. 1, S. 501.
[137] Gebhardt, Das verkehrsrechtliche Mandat, Bd. 1, S. 502.

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