a) Der Repräsentant in der Kraftfahrt-Haftpflichtversicherung

 

Rz. 417

Dem VN wird nicht jedes Verhalten nach Maßstab des § 278 BGB, sondern vielmehr dasjenige seines sog. Repräsentanten oder Wissenserklärungsvertreters, daneben auch die Kenntnis eines sog. Wissensvertreters zugerechnet.

Repräsentant ist derjenige, der im Geschäftsbereich, zu dem das versicherte Risiko gehört, aufgrund eines Vertretungs- oder ähnlichen Verhältnisses an die Stelle des VN getreten ist. Repräsentant kann nur sein, wer bei Würdigung der Gesamtumstände befugt ist, selbstständig in einem nicht unbedeutenden Umfang für den VN zu handeln (Risikoverwaltung)[495] oder Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag wahrzunehmen hat (Vertragsverwaltung).[496]

Die bloße Überlassung der Obhut über das versicherte Risiko reicht hierbei jedoch noch nicht aus.[497] Andererseits muss die versicherte Sache auch nicht allein vom Dritten genutzt werden.[498] Die Rechtsprechung legt den Begriff des Repräsentanten restriktiv aus. Überträgt der VN dem Dritten seine Befugnisse nur in einem bestimmten, abgrenzbaren Geschäftsbereich, ist die Zurechnung des Repräsentantenverhaltens darauf beschränkt und kann nicht auf andere Tätigkeitsbereiche ausgedehnt werden.[499] Führt der Vertragsverwalter den Versicherungsfall grob fahrlässig herbei, wird dies dem VN mithin nicht zugerechnet.

Daneben muss sich der VN die falsche Angabe einer Person zurechnen lassen, die für ihn als sog. Wissenserklärungsvertreter auftritt. Wissenserklärungsvertreter ist, wer vom VN zur Erfüllung einer Obliegenheit anstelle des VN mit einer Erklärung betraut worden ist.[500]
Die Kehrseite hierzu stellt der sog. Wissensvertreter dar, dessen Kenntnis (aber nicht Handlungen) sich der VN ebenfalls zurechnen lassen muss. Wissensvertreter ist, wer vom VN in einer nicht ganz untergeordneten Stelle damit betraut worden ist, für diesen rechtserhebliche Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen.[501]
[495] BGH zfs 2003, 411.
[497] St. Rspr., u.a. BGH VersR 1993, 828.
[498] BGH zfs 2003, 411.
[500] BGH VersR 1993, 960; OLG Köln v. 15.7.2014 – 9 U 204/13, Schaden-Praxis 2014, 344 sowie BGH v. 16.10.2013 – IV ZR 390/12, juris und LG Bochum v. 1.4.2015 – I 4 O 345/14, juris.
[501] OLG Hamm VersR 1995, 1437.

b) Forderungsübergang nach § 86 VVG

 

Rz. 418

Durch die Regelung des § 86 VVG ist für den Bereich der Schadenversicherung[502] zugunsten des VR ein Rechtsübergang geregelt für die Ansprüche, die dem VN auf Ersatz des Schadens gegen einen Dritten zustehen. Die cessio legis umfasst aus dem Bereich der Kraftfahrtversicherung nur noch die Haftpflicht- und Kaskoversicherung. Erfasst wird nicht die Insassenunfallversicherung, da diese nicht Schadenversicherung ist.

[502] BGH VersR 1980, 1072.

c) Regress des Versicherers

 

Rz. 419

Soweit der leistungspflichtige VR gegenüber dem VN oder mitversicherten Personen ganz oder teilweise von der Leistungspflicht befreit ist, berührt dies grds. nicht den Anspruch des Geschädigten, sondern hat nur Wirkung im Innenverhältnis zum VN und zu mitversicherten Personen mit der Maßgabe, dass diesen gegenüber Regress genommen werden kann.

Leistet der VR, so geht der mögliche Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger auf den VR gem. § 86 Abs. 1 VVG über.

Nunmehr ist im Gesetz in § 86 Abs. 2 VVG ausdrücklich die Obliegenheit des VN normiert, den auf den VR übergehenden Ersatzanspruch zu wahren und bei der Durchsetzung dieses Ersatzanspruchs mitzuwirken. Verletzt der VN diese Pflicht, besteht ein Kürzungsrecht des VR gem. den bereits erörterten Grundsätzen gem. § 86 Abs. 2 S. 2 und 3 VVG:

Vollständige Leistungsfreiheit bei Vorsatz,
Quotierung bei grober Fahrlässigkeit; grobe Fahrlässigkeit wird bei Feststehen einer Obliegenheitsverletzung vermutet,
es besteht die Möglichkeit des Kausalitätsgegenbeweises, es sei denn, der VN handelt arglistig.

d) Familienprivileg

 

Rz. 420

Gem. § 116 Abs. 6 SGB X ist ein Forderungsübergang ausgeschlossen, wenn sich der Ersatzanspruch des VR gegen einen mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen richtet und dieser den Schaden nicht vorsätzlich herbeigeführt hat (ebenso § 67 VVG a.F.).

Dieses sog. Familienprivileg ist nunmehr in § 86 Abs. 3 VVG erweitert worden. Neu ist die Privilegierung aller Haushaltsangehörigen des VN, die einen Forderungsübergang zum Nachteil der Personen ausschließt, die mit dem VN zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls in häuslicher Gemeinschaft lebten, es sei denn, diese haben den Schaden vorsätzlich verursacht.

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