Rz. 144
Die sogenannte Body-Cam ("Körperkamera") ist eine von polizeilichen Einsatzkräften sichtbar getragene Videokamera. Sie wird zur Dokumentation des Geschehens (Handlungen von Bürgern und Polizeibeamten) eingesetzt.
Nachdem die hessische Polizei seit 2013 in einem Pilotprojekt den Einsatz von Schulterkameras im Bereich des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main getestet hatte, wurde im Abschlussbericht des Polizeipräsidiums Frankfurt am Main vom 1.10. 2014 an das Hessische Ministerium für Inneres und Sport eine positive Bilanz gezogen.[291] Andere Länder und auch die Bundespolizei haben ihr Interesse bekundet bzw. sind z.T. in der Testphase (Rheinland-Pfalz,[292] Hamburg, Bayern, Bad.-Württ., Bremen, Nordrhein-Westfalen, Saarland).[293]
Rz. 145
Die zum Einsatz gebrachten Mini-Videokameras zeichnen anlassbezogen aus dem Sichtfeld des Polizisten einen Polizeieinsatz auf. Dies hat sowohl polizeirechtliche als auch datenschutzrechtliche Relevanz. Zu ihrem Einsatz ist eine Rechtsgrundlage notwendig.[294] Mit Blick auf ihren Eingriffscharakter (informationelle Selbstbestimmung) muss sie aus einem triftigen Grund gerechtfertigt sein. Dies kann nur eine rechtlich relevante Gefährdungs- und Bedrohungslage sein. Aufzeichnungen ohne Gefahrenlage und auf Vorrat sind unzulässig. Insgesamt muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Maßstab der Regelung sein.[295]
Rz. 146
Eine gesetzliche Grundlage zum Einsatz der Body-Cams wurde in Hessen mit der Änderung des § 14 HSOG im September 2015 geschaffen.[296] Der Einsatz wird auf § 14 Abs. 6 HessSOG gestützt und die Videoaufzeichnung ist ein durch § 14 Abs. 6 HSOG legitimierter Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Norm soll den verfassungsrechtlichen Maßstäben genügen, die an ihre Rechtfertigung anzulegen sind.[297]
Rz. 147
§ 16 Abs. 6 HessSOG lautet:
Zitat
§ 16 Abs. 6 HessSOG
Die Polizeibehörden können an öffentlich zugänglichen Orten eine Person, deren Identität nach diesem Gesetz oder anderen Rechtsvorschriften festgestellt werden soll, mittels Bild- und Tonübertragung kurzfristig technisch erfassen, offen beobachten und dies aufzeichnen, wenn dies nach den Umständen zum Schutz von Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten oder Dritten gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist. Dabei können personenbezogene Daten auch über dritte Personen erhoben werden, soweit dies unerlässlich ist, um die Maßnahme nach Satz 1 durchführen zu können. Sind die Daten für Zwecke der Eigensicherung oder der Strafverfolgung nicht mehr erforderlich, so sind sie unverzüglich zu löschen.
Rz. 148
Die Ermächtigungsgrundlage des § 14 Abs. 6 HSOG stellt eine Befugnisnorm zur videogestützten Überwachung von Personen dar, die vom Polizeivollzugsdienst im Rahmen einer Anhalte- und Kontrollsituation im öffentlichen Verkehrsraum angetroffen werden und die vornehmlich der Eigensicherung der Beamten dient. Vergleichbare Regelungen finden sich beispielsweise in § 29 Abs. 5 BremPolG oder in § 8 Abs. 5 PolDVG HH (Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei Hamburg).[298]
Rz. 149
Außerhalb der präventiven Befugnis zur Videographie einer Identitätsfeststellung nach § 14 Abs. 6 HessSOG besteht zwecks Eigensicherung der Polizeivollzugsbeamten die Befugnis zur Datenerhebung durch Videographie aufgrund der allgemeinen Ermächtigung des § 13 Abs. 1 Nr. 3 HessSOG zur Erhebung personenbezogener Daten, solange diese Maßnahme nicht in konkretisierter und individualisierter Weise die Privat- oder gar Intimsphäre einer bestimmten Person beeinträchtigt.[299]
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