Rz. 270

Ein Stillhalteabkommen (pactum de non petendo), das auch stillschweigend[209] geschlossen sein kann, führte bereits nach § 202 Abs. 1 BGB a.F. zur Hemmung.[210] Im seit dem 1.1.2002 geltenden Recht ist aufgrund Parteivereinbarung eine Verlängerung der Verjährungsfrist mit Hemmungswirkung möglich. Das pactum de non petendo zählt der Gesetzgeber ausdrücklich zu den Parteimaßnahmen.

 

Rz. 271

Stillhalteabkommen sind Verträge und müssen daher mit sich deckenden Willenserklärungen zwischen Parteien vereinbart werden, einseitige Erklärungen reichen nicht aus.[211] Erforderlich ist, dass nach dem Parteiwillen – wenn auch nur vorübergehend – der Leistungsverpflichtete zur Verweigerung seiner Leistung berechtigt sein und somit der Geltendmachung des Anspruches (vorübergehend) ein rechtliches Hindernis entgegenstehen soll.[212] Ein bestimmter Endzeitpunkt muss von den Beteiligten nicht vereinbart werden; es genügt das Abstellen auf ein zwar bestimmtes, aber zeitlich noch offenes künftiges Ereignis.[213] Soll nach dem Willen der Parteien zunächst der Ausgang eines Vorprozesses (z.B. Deckungsprozess) abgewartet werden, können die Gesamtumstände für ein Stillhalteabkommen sprechen.[214] Das Schweben von Regulierungsverhandlungen ist für sich genommen noch kein Stillhalteabkommen.[215]

 

Rz. 272

Ein Stillhalteabkommen entfaltet einerseits materiell-rechtliche Wirkungen, indem es dem Schuldner ein vorübergehendes Leistungsverweigerungsrecht einräumt,[216] zum anderen schließt es zeitweilig die Klagbarkeit aus und führt dazu, dass eine abredewidrig erhobene Klage unzulässig ist.[217]

 

Rz. 273

Ein Teilungsabkommen zwischen SVT und Haftpflichtversicherer stellt insoweit ein pactum de non petendo (Stillhalteabkommen) dar, als es diejenigen Ansprüche betrifft, die nach Überschreitung des Abkommenslimits nach Rechtslage abzuwickeln sind. Die Verjährung ist bis zur Limiterreichung gehemmt; die Hemmung endet, sofern nichts anderes vereinbart ist, wenn das Limit erreicht ist.[218]

 

Rz. 274

Die Beweislast für ein Stillhalteabkommen trifft denjenigen, der sich auf eine solche Abrede beruft.[219]

[209] BGH v. 16.12.1998 – VIII ZR 197/97 – DB 1999, 845 = VersR 1999, 858 m.w.N.; BGH v. 28.11.1972 – VI ZR 126/71 – BB 1973, 215 = DB 1973, 278 = MDR 1973, 399 = VersR 1973, 232; OLG Köln v. 18.6.1996 – 22 U 227/95 – OLGR 1996, 188 = r+s 1997, 395 = zfs 1996, 409.
[210] BGH v. 23.4.1998 – III ZR 7/97 – MDR 1998, 856 = NJW 1998, 2274 = VersR 1998,1291 = WM 1998, 1493; BGH v. 28.11.1972 – VI ZR 126/71 – BB 1973, 215 = DB 1973, 278 = MDR 1973, 399 = VersR 1973, 232.
[211] BGH v. 6.7.2000 – IX ZR 134/99 – BRAK-Mitt. 2000, 238 = NJW 2000, 2661 = VersR 2001, 1555.
[212] BGH v. 28.11.1972 – VI ZR 126/71 – BB 1973, 215 = DB 1973, 278 = MDR 1973, 399 = VersR 1973, 232; OLG Koblenz v. 7.1.1983 – 8 U 322/82 – VersR 1983, 947 = zfs 1983, 356.
[213] BGH v. 16.12.1998 – VIII ZR 197/97 – DB 1999, 845 = VersR 1999, 858; BGH v. 5.11.1992 – XI ZR 200/91 – NJW 1993, 1320 = VersR 1993, 743 = WM 1993, 610.
[214] BGH v. 23.4.1998 – III ZR 7/97 – MDR 1998, 856 = NJW 1998, 2274 = VersR 1998,1291 = WM 1998, 1493; OLG Köln v. 18.6.1996 – 22 U 227/95 – OLGR 1996, 188 = r+s 1997, 395 = zfs 1996, 409.
[215] OLG Hamm v. 10.11.1983 – 18 U 45/83 – VersR 1984, 259.
[216] BGH v. 26.10.1994 – IV ZR 310/93 – VersR 1995, 191.
[217] BGH v. 26.10.1994 – IV ZR 310/93 – VersR 1995, 191; BGH v. 14.6.1989 – IVa ZR 180/88 – NJW-RR 1989, 1048; BGH v. 23.11.1983 – VIII ZR 197/82 – NJW 1984, 669.
[218] BGH v. 7.10.2003 – VI ZR 392/02 – NJW-RR 2004, 109 = NZV 2003, 565 = VersR 2003, 1547; BGH v. 19.12.1973 – VI ZR 109/72 – VersR 1974, 546; OLG Hamm v. 19.12.1984 – 3 U 317/83 – VersR 1986, 899 = VRS 70, 134 = zfs 1986, 107 (BGH hat Revision nicht angenommen, Beschl. v. 17.9.1985 – VI ZR 17/85). Zum pactum de non petendo und dessen Voraussetzungen siehe: BGH v. 7.1.1986 – VI ZR 203/84 – DAR 1986, 147 = MDR 1986, 489 = NJW 1986, 1337 = r+s 1986, 154 = VerkMitt 1987, 34 = VersR 1986, 490 = VRS 70, 422 = zfs 1986, 196 (nur Ls.) und BGH v. 28.11.1972 – VI ZR 126/71 – BB 1973, 215 = DB 1973, 278 = MDR 1973, 399 = VersR 1973, 232. Jahnke/Burmann-Stahl, Handbuch des Personenschadensrechts, 1. Aufl. 2016, Kap. 5 Rn 4249 ff. Zur Wirkung eines Verjährungsverzichtes bei Wechsel des SVT siehe: BGH v. 1.7.2014 – VI ZR 391/13 – GesR 2014, 601 = jurisPR-VerkR 24/2014 Anm. 2 (Anm. Jahnke) = MDR 2014, 1201 = openJur 2014, 19785 = r+s 2014, 525 = SP 2014, 373 = UV-Recht Aktuell 2014, 773 = VersR 2014, 1226 = zfs 2015, 80; BGH v. 4.11.1997 – VI ZR 375/96 – DB 1998, 409 = HVBG-INFO 1998, 187 = MDR 1998, 160 = NJW 1998, 902 = NZV 1998, 109 = r+s 1998, 23 = SP 1998, 95 = VersR 1998, 124 = VRS 94, 326 = WI 1998, 5.
[219] BGH v. 28.11.1972 – VI ZR 126/71 – BB 1973, 215 = DB 1973, 278 = MDR 1973, 399 = VersR 1973, 232.

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