Rz. 249

 

Hinweis

Siehe ergänzend Rdn 211, 225 ff.; § 2 Rdn 933 ff.

 

Rz. 250

Der Verjährungsverzicht ist eine einseitige formlose Erklärung.[192] Er kann schriftlich, aber auch mündlich (telefonisch), erklärt werden, und zwar auch schon vor Verjährungseintritt.[193] Der rechtsgeschäftliche Aufgabewille ist nicht zu vermuten,[194] konkludentes Verhalten muss eindeutig auf einen Verzicht hindeuten.[195]

 

Rz. 251

Durch den Verjährungsverzicht wird die Forderung nicht unverjährbar. Der Verjährungsverzicht führt letztlich zur Hemmung, allerdings ohne die Nachfrist von 3 Monaten. Der Verjährungsverzicht hat nicht den Charakter eines Anerkenntnisses und unterbricht daher nicht die Verjährung. Die ursprüngliche Verjährung läuft anschließend weiter.

 

Rz. 252

Die Verzichtserklärung ist eine Willenserklärung, die der Auslegung zugänglich ist.[196] Der Verjährungsverzicht richtet sich nach den Regeln einer einseitigen Willenserklärung aus und kann daher angefochten werden. Wenn Schadenersatzbeziehungen ein längerfristig angelegtes rechtliches Schuldverhältnis bilden (häufiger Fall der Personenschadenregulierung), kommt dann ähnlich wie in § 314 BGB eine Kündigung aus wichtigem Grund in Betracht.

 

Rz. 253

Vereinbarungen zur Verjährungserschwerung sind nicht an einen bestimmten Zeitpunkt gebunden. Die Parteien können sowohl vor Entstehung des Anspruchs eine noch nicht laufende als auch nachträglich (siehe ergänzend Rdn 230, 257) eine bereits laufende Verjährungsfrist verlängern.[197] Verzichte können also auch schon vor Eintritt der Verjährung abgegeben werden.[198]

 

Rz. 254

Die unter den Parteien vereinbarte Erleichterung oder Erschwerung der Verjährung für einen Anspruch erstreckt sich regelmäßig auch auf solche Ansprüche, die hiermit konkurrieren oder alternativ an deren Stelle treten. Eine Auslegungsregel, der Verzicht solle den Gläubiger im Zweifel so stellen, dass sämtliche während der Verzichtsfrist auftretende Tatbestände für eine Hemmung oder einen Neubeginn der Verjährung sich auch auf den Lauf der Verzichtsfrist auswirken, gibt es aber nicht.[199]

 

Rz. 255

Der Verzicht auf die Einrede der Verjährung einem späteren Zessionar gegenüber bezieht sich nur auf solche Ansprüche, die dem Zessionar im Zeitpunkt der Verzichtserklärung bereits zustanden und bezüglich derer die Aktivlegitimation dem Schädiger bekannt gewesen ist.[200]

 

Rz. 256

Der Verjährungsverzicht ist grundsätzlich nur bilateral und gilt nicht für etwaige Rechtsnachfolger (siehe Rdn 213).

[192] BGH v. 18.9.2007 – XI ZR 447/06 – BB 2007, 2591 = VersR 2008, 366. Palandt-Ellenberger, 76. Aufl. 2017, § 204 BGB Rn 5.
[193] BGH v. 18.9.2007 – XI ZR 447/06 – BB 2007, 2591 = VersR 2008, 366; OLG Brandenburg v. 16.2.2005 – 9 WF 38/05 – FamRZ 2005, 1994 (nur Ls.) = NJW-RR 2005, 871.
[194] BGH v. 19.10.2005 – IV ZR 89/05 – NJW 2006, 298 = VersR 2006, 57, BGH v. 21.11.1996 – IX ZR 159/95 – MDR 1997, 294 = NJW 1997, 516 = VersR 1997, 631.
[195] BGH v. 19.10.2005 – IV ZR 89/05 – NJW 2006, 298 = VersR 2006, 57.
[196] Halm/Hauser, Anm. zu OLG Frankfurt v. 3.7.2012 – 10 U 215/10 – DAR 2013, 85.
[197] Jahnke/Burmann-Lemcke, Handbuch des Personenschadensrechts, 1. Aufl. 2016, Kap. 6 Rn 760 m.w.N.
[198] BGH v. 18.9.2007 – XI ZR 447/06 – BB 2007, 2591 = FamRZ 2008, 49 = MDR 2008, 94 = NJW-Spezial 2007, 573 = VersR 2008, 366 = WM 2007, 2230 = ZIP 2007, 2206.
[199] BGH v. 7.5.2014/15.4.2015 – XII ZB 141/13 – MDR 2014, 920 = NJW 2014, 2267 = openJur 2014, 13642 = WM 2014, 2130.
[200] BGH v. 23.11.1976 – VI ZR 191/74 – MDR 1977, 384 = VersR 1977, 227. Siehe auch BGH v. 1.7.2014 – VI ZR 391/13 – GesR 2014, 601 = jurisPR-VerkR 24/2014 Anm. 2 (Anm. Jahnke) = MDR 2014, 1201 = openJur 2014, 19785 = r+s 2014, 525 = SP 2014, 373 = UV-Recht Aktuell 2014, 773 = VersR 2014, 1226 = zfs 2015, 80.

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