Rz. 18

In der rechtlichen Überprüfung sind in verschiedenen Bereichen Prüfungen vorzunehmen, um eine Sanktion zu verhindern. Hier unterscheidet sich das Bußgeldverfahren vom Strafverfahren nicht. Diese liegen in der Subsumtion, der Frage der Verjährung, der Differenzierung von Vorsatz und Fahrlässigkeit und natürlich den jeweiligen Punktebewertungen (siehe auch § 2 Rdn 1-).

 

Rz. 19

Dies erfährt deshalb so grundlegende Bedeutung, weil nämlich auch gerade die Alteinträge gegebenenfalls Beweisverwertungsverboten unterfallen können. So ist beispielsweise bei Eintragungen in das Fahreignungsregister wie folgt zu unterscheiden:

 
Eintragungen im FaER
         
Getilgt   Tilgungsreif
         
dürfen nicht mehr vorgehalten werden dürfen nicht mehr verwertet werden   dürften nicht verwertet werden
 

Rz. 20

Werden im Verfahren Fehler gemacht, ist dies zu rügen, indem stets ein Gerichtsbe­­schluss nach §238 Abs. 2 StPO erzwungen wird. Der BGH gibt eindeutig vor, wie das zu geschehen hat:[12]

Zweck des §238 Abs. 2 StPO ist es, die Gesamtverantwortung des Spruchkörpers für die Rechtsförmigkeit der Verhandlung zu aktivieren und hierdurch die Möglichkeit zu eröffnen, Fehler des Vorsitzenden im Rahmen der Instanz zu korrigieren und damit Revisionen zu vermeiden.
Dieser Zweck würde verfehlt, wenn es im unbeschränkten Belieben des um die Möglichkeit des §238 Abs. 2 StPO wissenden Verfahrensbeteiligten stünde, ob er eine für unzulässig erachtete verhandlungsleitende Maßnahme des Vorsitzenden nach §238 Abs. 2 StPO zu beseitigen sucht oder stattdessen hierauf im Falle eines ihm nachteiligen Urteils in der Revision eine Verfahrensrüge stützen will.
 

Rz. 21

In gleicher Weise ist dies anzuwenden auf abgelehnte Beweisanträge oder einem Beweisverwertungsverbot[13] unterfallende Beweiserhebungen und -verwertungen. Hier wäre folgerichtig ein Widerspruch zu erheben. Sollte eine Blutentnahme ohne richterliche Anordnung vorgenommen worden sein, ist diese rechtswidrig. Das BVerfG formuliert in seinem Beschl. v. 28.6.2014:[14]

Zitat

"Mangels zulässiger Rüge besteht daher kein Anlass, der Frage nachzugehen, ob es mit der Verfassung vereinbar ist, dass nicht nur im Einzelfall, sondern nach gefestigter Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs [...] bei der Entziehung von Führerscheinen offenbar generell die Verwertung von Erkenntnissen akzeptiert wird, die auf Blutentnahmen beruhen, welche unter Verstoß gegen den einfachgesetzlichen Richtervorbehalt in §81a Abs. 2 StPO gewonnen wurden. Auch wenn der in §81a Abs. 2 StPO gesetzlich angeordnete Richtervorbehalt nicht auf einer zwingenden verfassungsrechtlichen Vorgabe beruhen mag [...], bestehen doch aus rechtsstaatlicher (Art. 20 Abs. 3 GG) wie auch grundrechtlicher (Art. 2 Abs. 2 GG) Sicht erhebliche Bedenken gegen eine Praxis, die den gesetzlichen Richtervorbehalt für den Bereich verwaltungsbehördlicher Eingriffsmaßnahmen durch eine großzügige Verwertung rechtswidrig erlangter Beweismittel [...] flächendeckend aushebelt."

 

Praxistipp

Die Umstände des möglicherweise vorliegenden Beweisverwertungsverbots mangels richterlicher Anordnung müssen genau und ausführlich für die Folgeinstanzen bereits im (qualifizierten) Widerspruch aufgeführt werden, da sonst die Revisibilität in Frage steht.

Dass dem BVerfG die Einhaltung des Richtervorbehaltes sehr wichtig ist, zeigt der Beschluss vom 16.6.2015:[15]

Sobald Ermittlungsbehörden den zuständigen Ermittlungs- oder Eilrichter durch Antragstellung mit der Sache befasst haben, endet ihre Eilzuständigkeit. Dies ist mit der ersten Sachprüfung des Richters geschehen. Selbst bei Gefahr eines Beweismittelverlusts, weil der Richter schriftliche Antragsunterlagen oder eine Ermittlungsakte anfordert, Nachermittlungen anordnet oder einfach noch nicht entschieden hat, lebt die Eilkompetenz der Ermittlungsbehörden nicht etwa wieder auf. Denn mit seiner Befassung ist es die Aufgabe des Richters, den durch Art. 13 Abs. 2 GG geforderten präventiven Grundrechtsschutz unter Beachtung des Verfassungsgebots effektiver Strafverfolgung zu gewähren.

Nur falls der zuständige Richter und sein Vertreter – trotz eines ernsthaften Bemühens – nicht erreicht werden können und daher ein Beweismittelverlust droht, kommt ein Rückgriff auf die Eilkompetenz der Ermittlungsbehörden in Betracht. Die sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Dokumentationspflichten erfassen in diesem Fall auch die Darlegung der durchgeführten Kontaktversuche mit dem zuständigen Ermittlungs- oder Eilrichter und dessen Vertreter.

Zitat

"Die Eilkompetenz der Ermittlungsbehörden kann nur dann neu begründet werden, wenn nach der Befassung des Richters tatsächliche Umstände eintreten oder bekannt werden, die sich nicht aus dem Prozess der Prüfung und Entscheidung über diesen Antrag ergeben, und hierdurch die Gefahr eines Beweismittelverlusts in einer Weise begründet wird, die der Möglichkeit einer rechtzeitigen richterlichen Entscheidung entgegensteht."[16]

Aus Art. 19 Abs. 4 GG folgt ebenfalls, dass die Dokumentatio...

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