Rz. 94

Gem. § 130 Abs. 1 ZPO ist in den Fällen gesetzlicher Vertretung neben der Bezeichnung der Parteien die Bezeichnung ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand, Gewerbe und Wohnort erforderlich. Die Angabe der gesetzlichen Vertreter ist bereits deshalb erforderlich, weil an diese die Zustellung gem. § 170 ZPO zu veranlassen ist.

 

Rz. 95

Wer gesetzlicher Vertreter ist, bestimmt sich nach dem materiellen Recht.

 

Rz. 96

Minderjährige Kinder werden gem. § 1629 Abs. 1 S. 2 BGB durch beide Elternteile vertreten (Gesamtvertretung).

 

Rz. 97

Eine GmbH wird gem. § 35 GmbHG durch ihren Geschäftsführer, eine Aktiengesellschaft gem. § 78 AktG durch ihren Vorstand bzw. Vorstandsvorsitzenden vertreten.

 

Rz. 98

 

Hinweis

Bei Klagen einer Aktiengesellschaft gegen den Vorstand wird diese gem. § 112 AktG vom Aufsichtsrat vertreten. Bei einer Klage einer GmbH gegen den Geschäftsführer bzw. ehemalige oder zukünftige Geschäftsführer sowie gegenüber sonstigen Personen, z.B. der Witwe eines ehemaligen Geschäftsführers, wenn Rechte aus dem Organverhältnis oder dem Anstellungsvertrag eines Geschäftsführers betroffen sind, wird diese gem. § 46 Nr. 8 GmbHG von den Gesellschaftern vertreten, wenn kein Aufsichtsrat besteht; bei Bestehen eines gem. § 77 BetrVG, § 25 MitbestG oder §§ 1 Abs. 1, 2 i.V.m. § 3 MontanMitbestG obligatorischen oder eines gem. § 52 Abs. 1 GmbHG fakultativen Aufsichtsrates vertritt gem. § 112 AktG analog der Aufsichtsrat die GmbH.[130] Die Vertretungsmacht steht dann nur dem gesamten Aufsichtsrat als Organ zu.[131] Beim fakultativen Aufsichtsrat ist eine Abweichung von dieser gesetzlichen Regelung durch Satzung oder durch Beschluss der Gesellschafterversammlung möglich, wobei die Satzung diese Möglichkeit vorsehen muss.[132] Bei Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen eines Aktionärs gegen Beschlüsse der Hauptversammlung wird die Aktiengesellschaft gem. §§ 249, 246 Abs. 2 AktG von Vorstand und Aufsichtsrat gemeinsam vertreten. Dies ist wegen der einmonatigen Klagefrist besonders zu beachten![133]

Bei Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen eines GmbH-Gesellschafters gegen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung wird die GmbH durch die Geschäftsführer vertreten,[134] abweichend von § 246 Abs. 2 S. 2 AktG kommt dem Aufsichtsrat einer GmbH jedoch keine gesetzliche Mitvertretung zu.[135] Für die Anfechtungsklage gegen die GmbH gilt nicht die strikte Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG. Diese Vorschrift ist aber insoweit entsprechend heranzuziehen, als die Anfechtungsklage durch den Kläger mit aller diesem billigerweise zumutbaren Beschleunigung innerhalb einer angemessenen Frist zu erheben ist,[136] die nicht vor einem Monat nach Beschlussfassung verstrichen sein kann.[137]

 

Rz. 99

Eine GmbH & Co. KG wird durch die Komplementär-GmbH, diese wiederum durch ihren Geschäftsführer vertreten. Eine OHG wird gem. § 125 HGB vertreten durch die Gesellschafter, soweit diese nicht von der Geschäftsführung ausgeschlossen sind. Rechtsfähige Vereine werden gem. § 26 Abs. 2 BGB durch den Vorstand vertreten. BGB-Gesellschaften, die nach der Rechtsprechung des BGH parteifähig sind, soweit sie am Rechtsverkehr teilnehmen,[138] werden im Zweifel durch alle Gesellschafter gemeinschaftlich vertreten (§ 714 BGB).

 

Rz. 100

 

Tipp

Erhebt nur ein Gesellschafter Klage für die GbR, sollte der Klageschrift der Gesellschaftsvertrag oder ein Gesellschafterbeschluss beigefügt werden, aus dem sich seine Alleinvertretungsbefugnis ergibt.

 

Rz. 101

Die gesetzliche Vertretung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts ergibt sich aus den jeweiligen Gesetzen, Verordnungen oder Satzungen, die die Organisation der jeweiligen juristischen Person regeln. Hier genügt in der Regel die Angabe der Dienstbezeichnung.

[130] Vgl. BGHZ 103, 213 ff.; BGH WM 1991, 941 ff.; 1990, 630f.; AG 1982, 247 ff.; Schuldner, WM 1993, 1630, 1632.
[131] Vgl. BGH ZIP 1999, 1669 f.; OLG Karlsruhe WM 1996, 161 ff.; OLG Hamburg AG 1986, 259 f.; a.A.: OLG Stuttgart AG 1993, 85 f.
[132] Vgl. die h.M.: Baumbach/Hueck/Zöllner, § 46 Rn 69; Scholz/Schmidt, § 46 Rn 165.
[133] Vgl. hierzu AnwaltKommentar Aktienrecht/Heidel, § 246 Rn 43 ff.
[134] Vgl. BGH NJW 1981, 1041.
[135] BGH GmbHR 1962, 134; Baumbach/Hueck/Zöllner, Anh. § 47 Rn 141; Scholz/Schmidt, § 45 Rn 149.
[136] Vgl. RGZ 170, 358, 380; BGH ZIP 1995, 182; Baumbach/Hueck/Zöllner, Anh. § 47 Rn 146 m.w.N.
[137] Vgl. BGH WM 1989, 63, 66.
[138] BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056.

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