Rz. 4

Die Verfahrensgebühr fällt gleichermaßen für Ehesachen, Familienstreitsachen und alle FG-Sachen an. Sie ist Entgelt für das "Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information" (Vorb. 3 Abs. 2 VV RVG) im Erkenntnisverfahren in allen Instanzen und für alle Verfahrensarten (Mahnverfahren, selbstständiges Beweisverfahren, vereinfachtes Unterhaltsverfahren, VKH-Bewilligungsverfahren). Sie deckt den gesamten im Familienrecht vorkommenden Bereich der Tätigkeit "Vorbereitung und Durchführung gerichtlicher Verfahren" ab.

Die Verfahrensgebühr fällt mit Erteilung des Verfahrensauftrags und Ausübung einer ersten Tätigkeit des Anwalts für den Mandanten – i.d.R. die Entgegennahme der Information – an.

Die Verfahrensgebühr gilt alles ab, was nicht von der Termins- und Einigungsgebühr und nicht von der ausnahmsweisen Beweisgebühr Nr. 1010 VV RVG erfasst ist und nicht ein anderweitiges gerichtliches Verfahren darstellt. Abgegolten sind neben der Entgegennahme der Information auch die Fertigung von Schriftsätzen, Aktennotizen, die Aufnahme einer eidesstattlichen Versicherung im Mandat auf Erwirkung einer einstweilige Anordnung oder eines Arrestes; die Anschriftenermittlung,[1] Literaturrecherchen, Besprechungen mit dem Mandanten; die Besprechungen mit dem Gegner sind durch die Verfahrensgebühr dann abgegolten, wenn sie nicht die Terminsgebühr auslösen. Alles was zur Vorbereitung und Durchführung des Gerichtsverfahrens gehört und nicht unter einen anderen Gebührentatbestand fällt, ist Gegenstand der Verfahrensgebühr (§ 19 RVG). Das Besorgen der Heiratsurkunde und die Beschaffung eines Staatsangehörigkeitsnachweises werden durch die Verfahrensgebühr abgegolten; ebenso die Ermittlung die Adresse beim Einwohnermeldeamt.[2] Anders ist es nur, wenn ein eigenes behördliches oder gerichtliches Verfahren zur Erlangung solcher Urkunden erforderlich ist. Ein solches Verfahren wird nicht angenommen, wenn die Behörde auf bloße Anforderung hin das Gewünschte schicken kann (z.B. eine Ausfertigung der Heiratsurkunde) und die Behörde das auch tatsächlich macht.[3]

 

Rz. 5

Die Gebühr fällt im Erkenntnisverfahren 1. Instanz zu 1,3 an und – da sie eine Betriebsgebühr ist – stets aus dem höchsten vorkommenden Wert.

In der 2. Instanz fällt sie mit einem Gebührensatz von 1,6 an (Nr. 3200 VV RVG).

[1] Die Anschriftenermittlung ist schon immer der Prozessgebühr (heute Verfahrensgebühr) zugerechnet worden, vgl. v. Eicken/Madert, NJW 2004, 2877, 2877.
[2] BGH, AGS 2004, 151 = JurBüro 2004, 315; BGH NJW 2004, 1101 = AGS 2004, 99 zu §§ 3 und 57 BRAGO.
[3] Bei sofortiger Erfüllung liegt kein Verfahren vor, vgl. Riedel/Sußbauer/Fraunholz, § 15 RVG Rn 19.

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