Rz. 120

§ 309 Nr. 8 BGB hat innerhalb der Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit des § 309 BGB im Jahr 2002 die weitestgehende Umstrukturierung erfahren. Die Vorschrift fasst in § 309 Nr. 8 lit. a BGB die früheren Klauselverbote des § 11 Nr. 8 AGBG (Verzug und Unmöglichkeit) sowie des § 11 Nr. 9 AGBG (Teilverzug und Teilunmöglichkeit) und in § 309 Nr. 8 lit. b BGB das frühere Klauselverbot des § 11 Nr. 10 AGBG (Gewährleistung) zusammen.

 

Rz. 121

Grund für diese Umstrukturierung war die Einführung des Begriffs der Pflichtverletzung als zentralem Begriff des Leistungsstörungsrechts durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, der seither jede Art der Vertragsverletzung erfasst.[274] Dies hat dazu geführt, dass in den bisherigen Klauselverboten des § 11 Nr. 7–10 AGBG nicht mehr sinnvoll nach der Art der Pflichtverletzung unterschieden werden konnte, sondern nach der Art des Verschuldens, der Art des Schadens oder der Art der vom Haftungsausschluss erfassten Ansprüche.[275]

 

Rz. 122

Entfallen ist dagegen das frühere Klauselverbot des § 11 Nr. 11 AGBG, das eine Vertragsbedingung für unwirksam erklärte, die die Haftung für zugesicherte Eigenschaften einschränkte oder ausschloss. Dies beruhte darauf, dass der Begriff der "zugesicherten Eigenschaft" nach der Umstrukturierung des Mängelrechts nicht mehr wie in § 459 Abs. 2 BGB a.F. als eigenständige Kategorie des Mangelbegriffs erhalten geblieben ist, sondern stattdessen in den §§ 434 Abs. 1, 633 Abs. 2 BGB auf die vereinbarte Beschaffenheit bzw. Eignung der Sache für den Käufer bzw. Besteller abgestellt wird. Dennoch wird das Klauselverbot des § 11 Nr. 11 AGBG inhaltlich weitestgehend durch § 444 2. Alt. BGB erfasst, wonach sich der Verkäufer nicht auf eine Einschränkung oder einen Ausschluss der Mängelhaftung berufen kann, wenn er eine Garantie für das Vorhandensein einer Eigenschaft übernommen hat.[276]

 

Rz. 123

Ebenfalls nicht in § 309 Nr. 8 BGB übernommen worden ist § 11 Nr. 8 lit. b AGBG, wonach ein Haftungsausschluss bei Unmöglichkeit oder Verzug generell ausgeschlossen war und eine Haftungsbegrenzung nur im Rahmen des § 11 Nr. 7 AGBG möglich war.[277] Im Gesetzgebungsverfahren wurde dies damit begründet, dass die Regelung wegen § 309 Nr. 7 BGB und § 307 BGB nicht erforderlich sei.[278] Daraus wird ersichtlich, dass der Gesetzgeber neben den beiden zuvor genannten Regelungen keine weiteren Haftungsbegrenzungen für notwendig erachtete. Dies bedeutet insbesondere für Haftungsbegrenzungen gegenüber Verbrauchern, dass eine Haftungsbegrenzung nur dann unwirksam ist, wenn die Haftung des Verwenders zwingend geboten ist, um das vertragliche Gleichgewicht aufrecht zu erhalten.[279]

[274] AnwK-Schuldrecht/Hennrichs, § 309 Rn 15.
[275] BT-Drucks 14/6040, S. 155.
[276] BT-Drucks 14/6040, S. 160.
[277] NK-BGB/Kollmann, § 309 Rn 117.
[278] BT-Drucks 14/6857, S. 52 f.
[279] NK-BGB/Kollmann, § 309 Rn 118; a.A. Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt/Pfeiffer, S. 234 f.

aa) Ausschluss des Rechts, sich vom Vertrag zu lösen (§ 309 Nr. 8 lit. a BGB)

 

Rz. 124

§ 309 Nr. 8 lit. a BGB untersagt dem Verwender die Aufnahme einer Vertragsklausel in seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die das Recht des Vertragspartners, aufgrund einer vom Verwender zu vertretenden Pflichtverletzung von dem Vertrag zurückzutreten, ausschließt oder einschränkt, und entspricht damit weitestgehend der früheren Regelung des § 11 Nr. 8 lit. a AGBG. Neben dem Rücktrittsrecht erfasst die Regelung auch die Einschränkung oder den Ausschluss der Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses oder eines Widerrufsrechts.[280] Die Einschränkung eines Lösungsrechts liegt grundsätzlich immer dann vor, wenn an die Ausübung des Lösungsrechts durch die AGB des Verwenders nachteilige Folgen für den Vertragspartner geknüpft werden.[281] Hiervon soll allerdings die Verbindung des Lösungsrechts an eine bestimmte Form aufgrund des Vorrangs des § 309 Nr. 13 BGB nicht erfasst sein.[282] Zulässig ist es nach dem Wortlaut des § 309 Nr. 8 lit. a BGB auch, wenn der Verwender das Lösungsrecht in seinen AGB derart beschränkt, dass nur Pflichtverletzungen erfasst werden, die er nicht zu vertreten hat.[283]

 

Rz. 125

§ 309 Nr. 8 lit. a BGB regelt damit nur noch die Rechte des Vertragspartners, den Vertrag durch rechtsgestaltende Erklärung zu beenden, nicht jedoch die Folgen des Ausschlusses oder der Einschränkung des Rechts, Schadensersatz zu verlangen.[284]

 

Rz. 126

Die Vorschrift hat den Zweck, dem Vertragspartner die uneingeschränkte Möglichkeit der Lösung vom Vertrag bei Pflichtverletzungen des Verwenders zu erhalten und den Verwender dadurch zur ordnungsgemäßen Vertragserfüllung anzuhalten.[285] Dem Vertragspartner soll bei Wegfall seines Interesses an der Vertragserfüllung infolge einer unzureichenden Leistung des Verwenders die Möglichkeit der Loslösung von dem Vertrag erhalten bleiben, ohne dass der Verwender bei eigenem schuldhaften Verhalten auf den Eintritt der Voraussetzungen des Rücktritts- oder Kündigungsrechtes Einfluss nehmen kann.[286] Diese Einschränkung der Gestaltungsmöglichkeiten ist sachgerecht, da das Vertrauen des Vertrag...

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