Rz. 288

Vor allem im Versicherungsrecht sind gesetzlich geregelte Annahmefristen zu beachten. Zudem können Angebote der Bieter nach § 10 Abs. 4 VOB/A im baurechtlichen Vergabeverfahren an den Ablauf der Bindefrist gebunden werden.

 

Rz. 289

Das Verhältnis des § 308 Nr. 1 BGB zur Unklarheitenregelung des § 305 lit. c Abs. 2 BGB wurde bereits beschrieben (vgl. oben Rdn 271), ebenso das Verhältnis zu § 308 Nr. 1a BGB und zu § 308 Nr. 1b BGB (vgl. oben Rdn 262). § 308 Nr. 3 BGB unterfallen Vertragsbestimmungen, nach denen sich der Verwender unter bestimmten Bedingungen wieder von seiner Lieferverpflichtung lösen kann. Ob eine unechte Nachfrist neben § 308 Nr. 1 BGB auch gegen § 309 Nr. 7 lit. a und b BGB verstoßen kann, hat die höchstrichterliche Rechtsprechung bislang ausdrücklich offen gelassen.[641] Zudem kommt bei der formularmäßigen Verlängerung einer Leistungsfrist infolge von Arbeitskampfmaßnahmen neben § 308 Nr. 1 BGB auch die Anwendung von § 309 Nr. 8 lit. a BGB in Betracht.[642] Im Verhältnis zu § 307 BGB gilt es zu beachten, dass der Grundgedanke der sofortigen Fälligkeit nach § 271 BGB bei der Überprüfung der wirksamen Gestaltung einer Fälligkeitsregelung ohne Einwirkung auf die Leistungsfrist im Rahmen der Angemessenheitsprüfung Beachtung finden kann.[643]

 

Rz. 290

Kaufmännischer Geschäftsverkehr: Im kaufmännischen Geschäftsverkehr findet der Regelungsinhalt des § 308 Nr. 1 BGB grundsätzlich über § 307 Abs. 1 S. 1 BGB entsprechende Anwendung.[644] Denn auch der Kaufmann ist als Vertragspartner darauf angewiesen, seine Bindung und die Dauer der Leistung durch den Verwender absehen und berechnen zu können. Allerdings ist im Rahmen der Interessenabwägungen im Vergleich zum nichtkaufmännischen Vertragspartner zu berücksichtigen, dass für den Unternehmer aufgrund der Gepflogenheiten des Handelsverkehrs Annahme- und Leistungsfristen nicht gleichermaßen ungewohnt sind wie für den Privatkunden.[645] Andererseits können aufgrund höherer Risiken im Einzelfall gegenüber einem Kaufmann auch längere Annahme- und Leistungsfristen gerechtfertigt sein.[646] Bei der Auslegung der Vertragsbestimmungen sind insbesondere auch Handelsbräuche zu berücksichtigen, die nach § 310 Abs. 1 S. 2 BGB zu einer Wirksamkeit der AGB führen können. Insoweit hat der Kaufmann im Regelfall nicht hinreichend bestimmte Fristen aufgrund seiner geschäftlichen Erfahrung eher hinzunehmen als ein Verbraucher.[647] So ist etwa die Handelsklausel "baldmöglichste Lieferung" gegenüber einem Kaufmann grundsätzlich als wirksam anzusehen.[648] Dagegen finden die Verbraucherschutzvorschriften der §§ 355 Abs. 1 und 2 BGB (Widerrufsfristen) im kaufmännischen Geschäftsverkehr keine Anwendung.

[641] BGH NJW 2001, 292, 295; BGH NJW 1984, 2468, 2469; OLG Stuttgart NJW 1981, 1105; NK-BGB/Kollmann, § 308 Rn 26.
[642] NK-BGB/Kollmann, § 307 Rn 98 ff.
[643] NK-BGB/Kollmann, § 308 Rn 26.
[644] Palandt/Grüneberg, § 308 Rn 10; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Dammann, § 308 Nr. 1 Rn 63; NK-BGB/Kollmann, § 308 Rn 28.
[645] Palandt/Grüneberg, § 308 Rn 10; NK-BGB/Kollmann, § 308 Rn 28.
[646] NK-BGB/Kollmann, § 308 Rn 28; a.A. Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Dammann, § 308 Nr. 1 Rn 63 unter Verweis auf das Bedürfnis des Handelsverkehrs nach einer schnellen Vertragsabwicklung.
[647] NK-BGB/Kollmann, § 308 Rn 28.
[648] MüKo/Wurmnest, § 308 Nr. 1 Rn 26; NK-BGB/Kollmann, § 308 Rn 28.

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