Rz. 130

Einen der bedeutendsten Einschnitte durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz hat der frühere § 11 Nr. 10 AGBG erfahren, der Klauselverbote enthielt, die die Gewährleistung betrafen. Die Vorschrift war aufgrund ihres Regelungsbereiches, der die für den Verwender wichtigen rechtlichen Folgen eines Mangels betraf, eines der zentralen Klauselverbote, das nun im Wesentlichen in § 309 Nr. 8 lit. b BGB geregelt ist. Durch die Umsetzung der Richtlinie über den Verbrauchsgüterkauf, wonach Mängelrechte bei Verkäufen einer beweglichen Sache von einem Unternehmer an einen Verbraucher (§ 475 Abs. 1 BGB) und bei Verträgen über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen (§ 651 BGB i.V.m. § 475 Abs. 1 BGB) nicht mehr dispositiv sind, und der damit einhergehenden Einschränkung des Anwendungsbereiches für Vertragsbedingungen, hat die Vorschrift allerdings erheblich an Bedeutung verloren.[288] Unmittelbare Anwendung findet das Klauselverbot damit praktisch nur noch auf Verträge über unbewegliche Sachen, Verträge über Werkleistungen (z.B. Reparaturverträge) sowie Verträge zwischen Verbrauchern.[289]

 

Rz. 131

Voraussetzung der Inhaltskontrolle nach § 309 Nr. 8 lit. b BGB ist, dass es sich um Verträge über die Lieferung neu hergestellter Sachen oder um Werkleistungen handelt. Damit werden all die Gegenstände aus dem Anwendungsbereich der Norm ausgeklammert, die bereits ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch zugeführt worden sind. Dies beruht darauf, dass der Erwerber bei neuen Sachen auf die Mangelfreiheit vertrauen darf und nicht mit abnutzungsbedingten Mängeln rechnen muss.[290]

 

Rz. 132

Unter Lieferung ist die auf eine Übereignung gerichtete Übertragung des Besitzes zu verstehen.[291] Deswegen werden Leistungen nicht erfasst, die im Zusammenhang mit Miet-, Pacht- und sonstigen Gebrauchsüberlassungsverträgen erbracht werden.[292] Entsprechend richtet sich bei der Überlassung von Software an einen Vertragspartner die Anwendbarkeit des § 309 Nr. 8 lit. b BGB danach, ob der Verwender die Software an den Vertragspartner übereignen will oder ihm diese nur zur Nutzung überlässt. Abgrenzungskriterium wird im Zweifel sein, ob der Vertragspartner verpflichtet wird, in regelmäßigen Abständen Geldleistungen zu erbringen (dann Miet- oder Leasingvertrag), oder ob die Verpflichtung in einer Einmalzahlung besteht (dann Kaufvertrag).[293]

 

Rz. 133

Eine neu hergestellte Sache liegt grundsätzlich dann vor, wenn sie noch nicht in den Verkehr gelangt ist und ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch noch nicht zugeführt wurde.[294] Dabei führen Preisnachlässe nicht zwangsläufig zum Verlust der Neuheit der Sache, sondern nur dann, wenn sie Ausdruck einer verminderten Gebrauchsfähigkeit infolge fehlender Aktualität sind.[295] Werden Gegenstände als "2. Wahl" verkauft, schließt bereits dies die Neuheit der Sache aus.[296] Eine Frage des Einzelfalls ist dagegen, ob Gegenstände, die vor einem längeren Zeitraum hergestellt, aber noch nicht in Verkehr gebracht wurden, noch neu sind. Für eine Neuheit i.S.d. § 309 Nr. 8 lit. b BGB spricht es, wenn die Sache durch den frühen Zeitpunkt der Herstellung nicht in ihrer Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigt wird (z.B. Wein, Zigarren). Dagegen wird grundsätzlich keine neue Sache mehr anzunehmen sein, wenn die Sache allein aufgrund ihres Alters einen geringeren Wert hat, da sich in diesem Wertverlust die abnehmende Gebrauchstauglichkeit und die Mangelanfälligkeit widerspiegelt. Antiquitäten sind regelmäßig bereits deshalb keine neuen Sachen mehr, weil sie bereits in den Verkehr gelangt und gebraucht worden sind.[297] Bei Software kommt es darauf an, ob diese noch aktuell und noch ungebraucht ist.[298]

 

Rz. 134

Tiere, die gemäß § 90a BGB als Sachen gelten, sind jedenfalls dann neu hergestellt, wenn sie entweder unmittelbar nach der Geburt veräußert werden oder keiner Abnutzung durch Gebrauch unterliegen.[299] Nutztiere verlieren dagegen mit ihrer erstmaligen Benutzung ihre Eigenschaft als neu hergestellte Sache, da sich die Benutzung unmittelbar auf die Leistungsfähigkeit und Lebensspanne des Tieres auswirken und dieses damit nicht mehr als neu angesehen werden kann.[300]

 

Rz. 135

Bei zusammengesetzten Sachen beurteilt sich die Neuheit grundsätzlich danach, ob die Einzelteile noch nicht in den Verkehr gelangt sind und die zusammengesetzte Sache noch nicht in Gebrauch genommen worden ist.[301]

 

Rz. 136

Für die Anwendbarkeit des § 309 Nr. 8 lit. b BGB bei Immobilien sind folgende Grundsätze zu beachten:[302]

Ein Grundstück ist im Regelfall nicht neu.[303]
Ein Haus oder eine Eigentumswohnung sind neu, wenn sie nach ihrer Fertigstellung noch nicht in Gebrauch genommen worden sind. Die Benutzung anderer Eigentumswohnungen in demselben Objekt schadet der Neuheit grundsätzlich ebenso wenig wie ein kurzfristiges Leerstehen.[304] Mit der Vermietung des Hauses bzw. der Eigentumswohnung ist die Sache infolge der Ingebrauchnahme allerdings nicht mehr neu.[305]
Bei Renovierungen ist danach zu unterscheiden, ob dur...

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