Rz. 71

Die Angemessenheit einer Schadenspauschalierung – und auch der Pauschalierung einer Wertminderung[140] – hat sich an dem nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden zu orientieren. Maßgeblich ist damit der in der jeweiligen Branche übliche durchschnittliche Schaden bzw. die übliche durchschnittliche Wertminderung. Damit ist der Schaden bzw. die Wertminderung gemeint, die üblicherweise durch das schadensbegründende bzw. wertmindernde Verhalten des Vertragspartners beim Verwender entstehen kann.[141]

 

Rz. 72

Entscheidend für die Wirksamkeit der Schadenspauschale ist damit, dass der Verwender nur solche Schadenspositionen in die Pauschale einbezieht, auf deren Erstattung er nach den gesetzlichen Bestimmungen einen Anspruch hat. Daher verstoßen Pauschalierungen, die eine Bereicherung des Verwenders bezwecken oder zu dieser führen, gegen § 309 Nr. 5 BGB und sind unwirksam.[142] Die Höhe der Schadenspauschale sollte daher eher konservativ und damit eher zu niedrig als zu hoch gewählt werden. Sie darf weder Kosten enthalten, die auch ohne die Pflichtverletzung des Vertragspartners angefallen wären ("Sowieso-Kosten"), noch dürfen in ihr freiwillig gezahlte Aufwendungen des Verwenders enthalten sein, die nur bei Vertragsdurchführung anfallen würden.[143]

 

Rz. 73

Stehen die einzelnen typischen Schadenspositionen fest, bilden diese die Berechnungsgrundlage für die Pauschalierung. Dabei steht dem Verwender ein gewisser Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Eintrittswahrscheinlichkeit und der Schadenshöhe unter Berücksichtigung der beabsichtigten Art von Rechtsgeschäften zu.[144]

 

Rz. 74

Die Ermittlung des gewöhnlichen Schadensverlaufs kann auch längere Zeiträume einbeziehen. Allerdings muss auch bei der Pauschalierung darauf geachtet werden, dass übliche, dem Verwender zumutbare Unterscheidungen auch in den Geschäftsbedingungen beibehalten und entsprechend differenziert werden. So ist es zulässig, bei geringfügigen Schwankungen eines wiederkehrenden Schadens (z.B. Änderung des Zinssatzes bei einem Verzugsschaden) eine einheitliche Schadenspauschale mit einem Mittelwert zu verlangen.[145] Will der Verwender dagegen ohne jede Differenzierung eine einheitliche Pauschalierung seines Schadens bzw. seiner Wertminderung, so kann er die Pauschale nur auf Basis des geringsten Schadens bzw. der geringsten Wertminderung verlangen.[146] Eine Pauschalierung ist deshalb vor allem dann zu empfehlen, wenn der Schaden bzw. die Wertminderung von zufälligen Ereignissen abhängig sind.[147]

 

Rz. 75

Typisches Unterscheidungskriterium bei einer Pauschalierung nach § 309 Nr. 5 BGB ist, ob der Vertragsgegenstand neu oder gebraucht ist; zudem muss bei der Pauschalierung des Verzugsschadens danach differenziert werden, mit welcher Leistung sich der Vertragspartner in Verzug befindet.[148]

 

Rz. 76

Beispiele für übliche/unübliche Schadenspauschalierungen sind:[149]

Architekt/Planungsvertrag: 60 % des Werklohns einschließlich 40 % für ersparte Aufwendungen bei vorzeitiger Vertragsbeendigung sind unangemessen.[150]
Autohändler: 15 % des Kaufpreises bei vorzeitiger Beendigung eines Kaufvertrages für ein Neufahrzeug sind angemessen;[151] unangemessen sollen dagegen 20 % des Kaufpreises bei einem reinen Gebrauchtwagenhändler bzw. 15 % bei einem Neuwagenhändler sein, der auch mit Gebrauchtwagen handelt.[152]
Mietfahrzeug: Überschreitung des üblichen Mietzinses bei Beschädigung des Fahrzeugs ist unangemessen.[153]
Banken: Erhöhte Zahlung von Zinsen, Gebühren oder Provisionen im Fall der Kontoüberziehung ist zumindest dann unangemessen, wenn sich die Höhe nicht am tatsächlich entstandenen Schaden bemisst.[154] Bei Verbraucher-Darlehensverträgen bestimmen sich die Rechtsfolgen grundsätzlich nach dem nicht dispositiven § 498 BGB, so dass eine Pauschalierung in diesem Bereich ausgeschlossen ist; zudem sind bei einer vorzeitigen Rückzahlung des Darlehensbetrages die §§ 500 Abs. 2, 501 BGB zu beachten.[155] Eine vorzeitige Fälligstellung des Darlehens bei einem Zahlungsverzug des Vertragspartners ist nur dann angemessen, wenn es sich um eine schwerwiegende Pflichtverletzung des Bankkunden handelt.[156]
Eine Vorfälligkeitsentschädigung zugunsten der Bank kann ausnahmsweise angemessen sein, wenn die Bank neben dem Schaden durch schlechtere Zinsmargen nur eine mögliche Zinsverschlechterung ausgleichen möchte und zugleich eine mögliche Zinsverbesserung bei der Berechnung der Pauschale berücksichtigt;[157] dagegen ist eine Regelung der Vorfälligkeitszinsen unwirksam, die den Beginn der Zinspflicht auf das Datum der Saldenmitteilung vorverlegt und hierdurch rückwirkend die Verzinsung der noch nicht fälligen Forderung bewirkt wird.[158]
Bei fehlender Annahme eines zur Verfügung gestellten Darlehens sind 2–3 % Bereitstellungszinsen angemessen.[159]
Bausparvertrag: Eine Schadenspauschalierung im Fall des Zahlungsverzuges des Bausparers von 1 % des Zahlungsrückstandes je angefangenen Monat ist unangemessen.[160]
Handwerk: Schadenspauschale von...

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