Rz. 266

Die Annahmefrist betrifft die Dauer, die das Angebot des Vertragspartners gegenüber dem Verwender Gültigkeit behalten soll und während der sich der Verwender über die Annahme oder die Ablehnung des Angebotes entscheiden kann.[566] Dabei ist der Anwendungsbereich des § 308 Nr. 1 BGB grundsätzlich immer dann eröffnet, wenn der Verwender die in § 147 BGB geregelte Annahmefrist zu seinen Gunsten verlängert oder die Bindungsfrist für den Vertragspartner nicht klar wird.[567] Ebenso wie bei § 147 BGB werden auch bei § 308 Nr. 1 BGB alle Angebotsformen erfasst, so dass es keinen Unterschied ausmacht, ob das Angebot einem Anwesenden oder Abwesenden gemacht wird.[568] Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass es für die Praxis eher untypisch ist, dass der Verwender eine Annahmefrist für das Angebot des Vertragspartners setzt, da im Regelfall der Vertragspartner entweder ausdrücklich, zumindest aber konkludent eine eigene Annahmefrist setzen wird, die der Bestimmung des Verwenders in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgeht. Dies ist auch der Grund dafür, warum die Bestimmung einer Annahmefrist durch den Verwender in seinen Vertragsbedingungen nur einen sehr eingeschränkten praktischen Anwendungsbereich besitzt. Setzt der Verwender dagegen nicht für das Angebot des Vertragspartners, sondern für sein eigenes Angebot eine Frist, so ist die Unangemessenheit nicht nach § 308 Nr. 1 BGB, sondern nach § 307 BGB zu beurteilen[569] – wodurch sich allerdings in der Sache keine Wertungsunterschiede ergeben. Ebenfalls nicht zum Anwendungsbereich des § 308 Nr. 1 BGB zählen auch sonstige Regelungen im Zusammenhang mit der Abgabe eines Angebotes in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, bspw. das Vorliegen einer Annahmefiktion (siehe hierzu Rdn 382 ff.).

 

Rz. 267

§ 308 Nr. 1 BGB gibt die Rahmenbedingungen einer zeitlichen Regelung im Hinblick auf die Annahme einer auf einen Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung des Vertragspartners durch den Verwender vor. Dabei ist es unbeachtlich, welchen Inhalt der angestrebte Vertragschluss hat, so dass der Anwendungsbereich des Klauselverbots sowohl Einkaufs- als auch Verkaufsbedingungen erfassen kann. Da die Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen grundsätzlich erst mit dem Schluss des Vertrages erfolgt, ist eine Vertragsbedingung, die sich auf das Zustandekommen des Vertrags bezieht, nur in den Fällen sinnvoll, in denen die Allgemeinen Geschäftsbedingung schon vor Schluss des Vertrags in die Vertragsverhandlungen einbezogen sind (bspw. durch Abschluss eines Rahmenvertrags oder eine vorgelagerte verbindliche Kenntnisnahme der Allgemeinen Vertragsbedingungen des Verwenders durch den Vertragspartner). Soweit die Willenserklärung des Verwenders in der Ausübung eines Optionsrechts besteht, so ist danach zu differenzieren, ob durch die Option der Vertrag erst zustande kommen soll oder durch sie der Eintritt einer aufschiebenden Bedingung des bereits bestehenden Vertrags herbeigeführt werden soll.[570] Unmittelbar in den Anwendungsbereich des § 308 Nr. 1 BGB fällt nur die vertragsbegründende Ausübung des Optionsrechts.[571] Dagegen fehlt es an einem unmittelbaren Eingreifen des § 308 Nr. 1 BGB, wenn der Vertrag bereits besteht.[572] Jedoch kommt in diesen Fällen die Anwendung des § 307 BGB in Betracht, der bei einer unangemessenen Ausübungsfrist bzgl. des Optionsrechts wertungsmäßig zu vergleichbaren Ergebnissen führt.[573] Ebenso ist es kein Anwendungsfall des § 308 Nr. 1 BGB, wenn der Verwender das Angebot einer Option selbst abgegeben hat, das eine Bindungsfrist für seine eigene Erklärung vorsieht, da der Verwender gegen seine eigenen Erklärung nicht durch die §§ 305 ff. BGB geschützt wird.

 

Rz. 268

Grundsätzlich beurteilt sich die Unangemessenheit anhand der typischen Umstände des konkreten Vertragschlusses, so dass es auf den Durchschnittskunden im Allgemeinen oder – soweit vorhanden – aus einer konkreten Zielgruppe ankommt.[574] Anhaltspunkt für die untere Grenze der Angemessenheit der Annahmefrist ist unter Anwesenden § 147 Abs. 1 BGB und unter Abwesenden § 147 Abs. 2 BGB, da der ein Angebot abgebende Vertragspartner jedenfalls an die gesetzlich bestimmte Annahmefrist gebunden ist, sofern er mit seiner Erklärung keine abweichende Annahmefrist bestimmt. Erst bei einer erheblichen Abweichung von der gesetzlich bestimmten Frist durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen kommt eine Unangemessenheit der Vertragsbedingung in Betracht, die dann jedoch schon aufgrund dieser Erheblichkeit indiziert wird.[575] Daher muss sich i.d.R. die Klauselgestaltung zwischen dieser gesetzlich vorgesehen Mindestdauer und einer erheblichen Abweichung von dieser bewegen. Eine deutliche Verlängerung der gesetzlich bestimmten Fristen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nur dann wirksam, wenn das schutzwürdige Interesse des Verwenders an der Verlängerung das Interesse des Vertragspartners an dem zeitnahen Wegfall seiner Bindung überwiegt.[576] Umstände, die bei dieser Abwägung zugunsten des...

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