Rz. 455

Nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung daraus ergeben, dass eine Vertragsbedingung nicht klar und verständlich ist. Damit verfolgt die Vorschrift den Zweck, den Verwender zu einer deutlichen und verständlichen Fassung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen anzuhalten und eine beabsichtigte oder unbeabsichtigte Irreführung des Vertragspartners und eine damit einhergehende Verschlechterung seiner Rechtsposition zu verhindern.[1022]

 

Rz. 456

Da die Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB auf die Klarheit und Verständlichkeit einer Vertragsbedingung abstellt, ist sie auch stets im Zusammenhang mit der Unklarheitenregelung des § 305 lit. c Abs. 2 BGB zu sehen (siehe Rdn 6 ff.).[1023] Während es sich bei § 305 lit. c Abs. 2 BGB jedoch um eine Auslegungsregelung im Zusammenhang mit der Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen handelt, ist § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ein Mittel der inhaltlichen Überprüfung der erforderlichen Transparenz.

 

Rz. 457

Das Maß der Klarheit und Verständlichkeit ist an einem durchschnittlichen, sorgfältig handelnden Vertragspartner zu orientieren.[1024] Dies hat zur Folge, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht notwendig einfach oder ohne Weiteres verständlich gefasst sein müssen.[1025] Auch die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe oder schwieriger Inhalte macht die Vertragsbedingung noch nicht unwirksam.[1026] Kann der Verwender dagegen bereits bei der Gestaltung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen absehen, dass der Durchschnittskunde bestimmte Vertragsbedingungen sprachlich oder intellektuell nicht nachvollziehen kann, so ist er gehalten, entweder eine einfachere Formulierung zu wählen oder erläuternde Ausführungen zu machen.[1027] Darüber hinaus mangelt es den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verwenders an Transparenz, wenn er die Vertragsbedingungen dem Vertragspartner in unverständlicher, verwirrender oder kaum lesbarer Form zugänglich macht.[1028]

 

Rz. 458

Nicht erforderlich ist es dagegen, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem Vertragspartner in verschiedenen Sprachen zur Verfügung zu stellen, soweit kein grenzüberschreitender Geschäftsverkehr stattfindet.[1029] Denn von einem ausländischen Vertragspartner kann der Verwender erwarten, dass dieser entweder die Sprache des Landes beherrscht, in dem er das Rechtsgeschäft tätigen will, oder dass er sich der Hilfe eines Sprachkundigen bedient.

 

Rz. 459

Teilweise wird neben der unzureichenden Klarheit oder Verständlichkeit einer Vertragsbedingung die positive Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners gefordert.[1030] Dies wird damit begründet, dass § 307 BGB die Unwirksamkeit einer Klausel von dem Vorliegen einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners abhängig macht, die bloße Unklarheit einer Regelung diese aber nicht zwingend unangemessen nachteilhaft mache.[1031] Ein unangemessener Nachteil liege aber dann vor, wenn der Vertragspartner entweder an einer sachgerechten Beurteilung des Vertrags gehindert wird und hierdurch vorteilhaftere Abschlussmöglichkeiten vereitelt würden oder wenn er aufgrund der Unklarheit oder Unverständlichkeit der Geschäftsbedingung an einer sachgerechten Ausübung seiner Rechte gehindert wird.[1032]

 

Rz. 460

Die Rechtsprechung und Teile der Literatur waren hingegen schon nach der früheren Rechtslage überwiegend der Meinung, dass bereits die Intransparenz einer Vertragsbedingung deren Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB begründet, ohne dass es auf die positive Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung ankommt.[1033] Zur Begründung wurde darauf abgestellt, dass eine unklar oder unverständlich gefasste Vertragsbedingung zwingend zu einer "unangemessenen Benachteiligung" des Vertragspartners führt. Diese Auffassung wird inzwischen durch den Wortlaut des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB bestätigt.[1034]

 

Rz. 461

Die praktische Relevanz dieser unterschiedlichen Auffassungen dürfte gering sein, da mit nahezu jeder unklaren oder unverständlichen Vertragsbedingung eine vorteilhaftere Abschlussmöglichkeit vereitelt oder die Rechtsposition des Vertragspartners verschlechtert wird.[1035] Denn die Beurteilung einer Abschlussmöglichkeit oder einer Rechtsposition hängt maßgeblich davon ab, ob der Vertragspartner den Inhalt des Vertrages oder das ihm zustehende Recht verstanden hat. Die mangelnde Transparenz einer Klausel stellt einen typisierten Fall einer unangemessenen Benachteiligung dar, so dass eine zusätzliche Feststellung dieses Merkmals bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB grundsätzlich entbehrlich ist.

 

Rz. 462

Eine weitere Klarstellung hat der Gesetzgeber durch § 307 Abs. 3 S. 2 BGB in Verbindung mit § 307 Abs. 1 BGB in die Vorschriften zur Inhaltskontrolle eingefügt. Danach müssen auch andere Bestimmungen, die nicht von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzende Regelungen enthalten, klar und verständlich gefasst sein.

 

Rz. 463

Dies gilt insbesondere für preisbestimmende und leistungsbeschreibe...

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