Rz. 182

§ 309 Nr. 8 lit. b ee BGB erklärt solche Vertragsbedingungen für unwirksam, durch die der Verwender dem Vertragspartner für nicht offensichtliche Mängel eine kürzere Ausschlussfrist setzt, als es § 309 Nr. 8 lit. b ff BGB für die Verjährung des Anspruchs vorsieht. Der Anwendungsbereich des § 309 Nr. 8 lit. b ee BGB erfasst durch die Gleichstellung von Falsch- und Zuweniglieferung mit Sachmängeln in § 434 Abs. 3 BGB auch diese Formen der Schlechtleistung.[392]

 

Rz. 183

Zweck des Verbots einer Verkürzung der Ausschlussfristen bei nicht offensichtlichen Mängeln ist es, dem Vertragspartner für die Geltendmachung von Mängeln, die er nicht sofort erkennen kann, eine angemessene Mindestverjährungsfrist zu erhalten. Zudem sollen nicht kaufmännische Vertragspartner vor umfassenden Rügepflichten geschützt werden, bei deren Nichteinhaltung der Verlust der Mängelrechte droht.[393]

 

Rz. 184

Da zugleich der Verwender ein berechtigtes Interesse an der Klärung der zu erwartenden Mängelansprüche hat, trifft § 309 Nr. 8 lit. b ee BGB eine nach der Offenkundigkeit des Mangels differenzierende Regelung.[394] Konsequenz dieser Unterscheidung ist, dass der Verwender für nicht offensichtliche Mängel einem Verbraucher in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen grundsätzlich keine Ausschlussfrist setzen darf.[395] Dagegen ist eine entsprechende Fristsetzung bei offensichtlichen Mängeln möglich, da der Vertragspartner in diesen Fällen weniger schutzbedürftig ist und auch die zwingenden Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufs keine Unwirksamkeit einer entsprechenden Ausschlussfrist gebieten.[396] Dagegen sind Schadensersatzansprüche des Verwenders, die an eine fehlende Mängelrüge des Vertragspartners anknüpfen, zumindest dann zulässig, wenn sie nicht zu einem Verlust der Mängelrechte des Vertragspartners führen.[397]

 

Rz. 185

Ein offensichtlicher Mangel liegt vor, wenn die Abweichung in der Beschaffenheit so deutlich zutage tritt, dass sie auch dem durchschnittlichen, nichtkaufmännischen Vertragspartner ohne besonderen Aufwand auffällt.[398] Umstritten ist die Frage, ob die Offensichtlichkeit des Mangels bereits bei Übergabe gegeben sein muss oder sich erst später zeigen kann.[399] Zwar legt § 309 Nr. 8 lit. b ee BGB keinen bestimmten Zeitpunkt für das Vorliegen der Offensichtlichkeit des Mangels fest, gleichwohl wird der Vertragspartner eine Untersuchung des Vertragsgegenstandes regelmäßig zeitnah mit der Übergabe vornehmen, so dass auch für die Offensichtlichkeit von Mängeln auf den Zeitpunkt der Übergabe bzw. Abnahme abgestellt werden kann.[400] Bestimmt der Verwender für offensichtliche und nicht offensichtliche Mängel ohne Differenzierung eine einheitliche Ausschlussfrist, so ist die Vertragsbestimmung unwirksam.[401] Zudem sind Ausschlussfristen für offensichtliche Mängel dann unwirksam, wenn sie den Angemessenheitsanforderungen des § 307 BGB nicht entsprechen.[402] § 309 Nr. 8 lit. b ee BGB setzt weiter voraus, dass der Verwender dem Vertragspartner eine Mängelanzeige abverlangt.[403]

 

Rz. 186

Eine Ausschlussfrist liegt immer dann vor, wenn der Vertragspartner mit dem Ablauf einer durch den Verwender gesetzten Frist seine Mängelrechte ganz oder zum Teil verliert oder diese nicht mehr durchsetzen kann.[404] Bei Vorliegen eines nicht offensichtlichen Mangels ist eine Ausschlussfrist grundsätzlich nur dann zulässig, wenn der betreffende Anspruch im Zeitpunkt des Fristablaufs bereits verjährt ist.[405] Im Fall der §§ 438 Abs. 1 Nr. 2, 634 lit. a Abs. 1 Nr. 2 BGB ist deshalb wegen der wirtschaftlichen Bedeutung des Mangels und der schwierigeren Erkennbarkeit für den Vertragspartner für die Zulässigkeit einer Ausschlussfrist auf die gesetzliche Verjährungsfrist abzustellen, während bei allen sonstigen Mängeln die gesetzliche Verjährungsfrist grundsätzlich auf das zulässige Maß verkürzt werden können.[406] Deshalb muss der Verwender dem Vertragspartner in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen für durch die Verwendung einer Sache des Verwenders verursachte Mängel an Bauwerken eine Mindestfrist von fünf Jahren (§ 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB), für Mängel an Werken, die in einem anderen Erfolg als dem der Herstellung oder Veränderung einer Sache bestehen, eine Mindestfrist von drei Jahren (§§ 634 lit. a Abs. 1 Nr. 2, 195 BGB) und für alle sonstigen Mängel eine Mindestfrist von einem Jahr einräumen. Auf diese Weise kann der Verwender durch seine Geschäftsbedingungen dem Vertragspartner für sonstige Mängel eine Rügeobliegenheit auferlegen, ist im Interesse des Vertragspartners aber an die Mindestfrist von einem Jahr gebunden.

 

Rz. 187

Kaufmännischer Geschäftsverkehr: Die Zulässigkeit von Ausschlussfristen für nicht offensichtliche Mängel ist im Rahmen des § 307 BGB anhand der Umstände des Einzelfalles zu bestimmen.[407] Insoweit ist zu beachten, dass dem kaufmännischen Vertragspartner bei einem beiderseitigen Handelskauf schon über § 377 HGB die unverzügliche Untersuchung und Rüge eines Mangels obliegt.[408] Aufgrund dieser sofortigen Untersuchung ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge