Rz. 432

Nach § 308 Nr. 8 BGB sind Vertragsbedingungen unwirksam, die entsprechend § 308 Nr. 3 BGB (siehe hierzu Rdn 327 ff.) zugunsten des Verwenders wegen der Nichtverfügbarkeit der Leistung ein Lösungsrecht vorsehen, ohne dass sich der Verwender verpflichtet, den Vertragspartner über die Nichtverfügbarkeit unverzüglich zu informieren und ihm bereits erbrachte Gegenleistungen unverzüglich zu erstatten. Damit erlangt § 308 Nr. 8 BGB nur in Verbindung mit einem formularmäßigen Lösungsrecht des Verwenders Bedeutung.

 

Rz. 433

§ 308 Nr. 8 BGB verfolgt den Zweck, dass der Vertragspartner im Fall der Nichtverfügbarkeit der vertraglichen Leistung des Verwenders alsbald seine faktische Dispositionsbefugnis über seine Gegenleistung zurückerlangt. Hierzu ist zunächst erforderlich, dass er von dem Verwender über die Nichtverfügbarkeit in Kenntnis gesetzt wird, um die Notwendigkeit einer erneuten Suche nach einem geeigneten Vertragspartner zu erkennen. Zudem ist für eine erneute Disposition erforderlich, dass der Vertragspartner sein Geld unmittelbar nach dem Feststehen des Scheiterns der vertraglichen Beziehung zum Verwender zurückerhält.[990] Gerade bei wirtschaftlich umfangreichen Vertragsbeziehungen wird es dem Vertragspartner oftmals nicht möglich sein, eine erneute Disposition über den Vertragsgegenstand zu treffen, solange er seine finanziellen Mittel, die er an den Verwender geleistet hat, nicht zurückerhalten hat.

 

Rz. 434

Inhaltlich werden von § 308 Nr. 8 BGB vorwiegend Selbstbelieferungsvorbehalte und Vorratsklauseln erfasst, durch die der Verwender seine Leistungspflicht davon abhängig macht, dass er selbst von einem Dritten beliefert wird oder sein Vorrat noch nicht zu Ende gegangen ist.[991] Voraussetzung ist jedoch stets, dass das Lösungsrecht wirksam nach § 308 Nr. 3 BGB vereinbart worden ist, also ein sachlich gerechtfertigter Grund für das Lösungsrecht besteht und im Vertrag angegeben ist (siehe hierzu Rdn 327 ff.).

 

Rz. 435

Nach § 308 Nr. 8 BGB kann der Verwender ein Lösungsrecht über die nach § 308 Nr. 3 BGB erforderlichen Voraussetzungen hinaus nur dann wirksam vereinbaren, wenn er seiner Pflicht zur Information des Vertragspartners nachkommt und ihm seine Leistung zurückgewährt. Dabei kommt es für die Wirksamkeit der Vertragsbedingung nicht darauf an, ob der Verwender diesen Pflichten tatsächlich im Fall der Nichtverfügbarkeit nachkommt, sondern ob er diese Pflichten im Zusammenhang mit seinem Lösungsrecht in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt hat.[992]

 

Rz. 436

Kaufmännischer Geschäftsverkehr: Im Handelsverkehr haben Selbstlieferungsvorbehalte und Vorratsklauseln erhebliche Bedeutung, weshalb eine inhaltliche Begrenzung der Lösungsrechte des Verwenders in diesem Bereich nur eingeschränkt angewandt wird. Da § 308 Nr. 8 BGB im Vergleich zu § 308 Nr. 3 BGB das Lösungsrecht des Verwenders noch von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig macht und die Vorschrift indirekt aus der Umsetzung der EG-Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (Fernabsatzrichtlinie)[993] hervorgegangen ist, spricht einiges dafür, eine Anwendbarkeit des Klauselverbots im Handelsverkehr abzulehnen.[994]

[990] Palandt/Grüneberg, § 308 Rn 46; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Dammann, § 308 Nr. 8 Rn 16 ff.
[991] LG Hamburg ZGS 2004, 76; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Dammann, § 308 Nr. 8 Rn 1; NK-BGB/Kollmann, § 308 Rn 167; MüKo/Wurmnest, § 308 Nr. 8 Rn 3.
[992] NK-BGB/Kollmann, § 308 Rn 168; MüKo/Wurmnest, § 308 Nr. 8 Rn 4; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Dammann, § 308 Nr. 8 Rn 13, 16.
[993] Richtlinie vom 20.5.1997, ABl EG 1997 L 144/19.
[994] NK-BGB/Kollmann, § 308 Rn 169; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Dammann, § 308 Nr. 8 Rn 29; MüKo/Wurmnest, § 308 Nr. 8 Rn 5; Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, § 308 Nr. 8 Rn 8.

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