Rz. 10

§ 158 Abs. 2 Nr. 1 FamFG entspricht der bisherigen Regelung des § 50 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 FGG und erfasst die Fälle erheblicher Gegensätze der Interessen des Kindes zu denen seiner gesetzlichen Vertreter (das müssen nicht zwingend seine Eltern sein). Hier wird das Familiengericht anhand der schriftsätzlichen Stellungnahmen der jeweiligen Verfahrensbeteiligten, ggf. später nach der mündlichen Anhörung ermitteln müssen, ob sich der gesetzliche Vertreter eines Kindes in der gebotenen Weise um eine im Interesse des Kindeswohls anzustrebende einvernehmliche Lösung eines zwischen den Eltern bestehenden Konflikts bemüht. Entscheidend ist dabei, ob die gegenüber den Interessen der Eltern eigenständigen Interessen des Kindes ungenügend wahrgenommen werden.[22] Indizien können dabei sein, ob ein Verhandlungstermin ohne ausreichende Entschuldigung versäumt wird und inwieweit Verständnis für einen seitens des Kindes klar geäußerten Willen zu seinem künftigen Aufenthaltsort aufgebracht wird.[23] Auch die Ablehnung des väterlichen Umgangs mit dem Kind durch die Mutter[24] und ein von ihr erhobener Vorwurf des Missbrauchs des Kindes kann darauf hinweisen, dass primär eigene Interessen verfolgt und die Kindesinteressen durch die Eltern nicht ausreichend vertreten werden.[25] Allerdings begründet allein die Tatsache widersprechender Anträge noch keinen Interessengegensatz;[26] dies gilt umso mehr, wenn beide Eltern übereinstimmend auf entsprechende Anfrage des Gerichts mitteilen, dass sie kein Bedürfnis für die Bestellung eines Verfahrensbeistandes sehen,[27] wenngleich dem freilich nur indizielle Bedeutung beigemessen werden kann. Erforderlich ist daher, dass sich aus konkreten Umständen die Gefahr ergibt, dass die Eltern wegen eigener Interessen nicht in der Lage sind, die berechtigten Interessen des Kindes hinreichend wahrzunehmen. Dies ist nur der Fall, wenn beide Eltern nicht zuvörderst im Interesse des Kindeswohls handeln, sondern vorrangig eigene, damit nicht zu vereinbarende Ziele verfolgen.[28]

 

Rz. 11

Liegt ein Interessengegensatz i.S.d. Nr. 1 vor, so soll von der Bestellung des Verfahrensbeistands nur abgesehen werden, wenn es sich um eine Entscheidung von geringer Tragweite handelt oder die Interessen des Kindes in anderer ausreichender Weise in das Verfahren eingebracht werden.[29]

[26] OLG Köln FuR 2000, 298; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 20.1.2011 – 6 UF 131/10 (n.v.).
[28] OLG Saarbrücken, Beschl. v. 27.4.2015 – 6 UF 4/15 (n.v.).
[29] Vgl. BT-Drucks 13/4899, S. 12.

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