A. Der Bauträgervertrag

I. Allgemeines zum Bauträgervertrag

 

Rz. 1

Der Neubau durch einen Bauträger ist der "Normalfall" der Entstehung einer Eigentümergemeinschaft. Dabei kommt es häufig zu Auseinandersetzungen zwischen den Erwerbern und dem Bauträger. Geht es anfangs vielfach um das Problem einer Verzögerung der Fertigstellung, steht in den ersten Jahren nach dem Bezug des Hauses das Thema "Baumängel" immer wieder auf der Tagesordnung. Dabei reicht die Problematik über den Rahmen des Wohnungseigentumsrechts hinaus. Die Verquickung mit dem privaten Bau- und Bauträgerrecht hat eine praktisch wie rechtlich komplizierte und in vielen Details umstrittene Gemengelage zur Folge. Das vorliegende Buch kann die einschlägige baurechtliche Spezialliteratur (alle Bücher und Kommentare zum privaten Baurecht befassen sich in besonderen Abschnitten mit den spezifischen Problemen des Bauträgerkaufs) zwar nicht ersetzen, sehr wohl aber einen Überblick geben, der zur Bewältigung der gängigen Problemfälle meistens ausreichen wird.

 

Rz. 2

Das Werkvertragsrecht des BGB wurde am 1.1.2018 durch das "Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts" reformiert. Die neuen Regelungen finden sich in den §§ 650a650v BGB; sie gelten für die die ab dem 1.1.2018 geschlossenen Verträge. Dem Bauträgervertrag ist ein eigener Untertitel gewidmet, der rudimentäre Regelungen in sage und schreibe 2 Paragrafen enthält (§ 650u und § 650v BGB). Eine Harmonisierung mit dem WEG-Recht fehlt nach wie vor. Neu eingeführt wurden Vorschriften über den Verbraucherbauvertrag (§§ 650i ff. BGB), die – von einigen in § 650u Abs. 2 BGB ausdrücklich erwähnten Ausnahmen abgesehen – auch für den Bauträgervertrag gelten, sofern der Erwerber ein Verbraucher (§ 13 BGB) ist, was der, den folgenden Ausführungen, zugrunde liegende Normalfall ist.

 

Rz. 3

In § 650u Abs. 1 BGB wird der Bauträgervertrag definiert als ein Vertrag, der die Errichtung oder den Umbau eines Hauses zum Gegenstand hat und der zugleich die Verpflichtung des Unternehmers enthält, dem Besteller das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen. Der Bauträgervertrag ist also ein aus kauf- und werkvertraglichen Elementen bestehender gemischter Vertrag, wobei die werkvertragliche Komponente deutlich überwiegt.

 

Rz. 4

Zunächst kurz zum kaufvertraglichen Teil des Bauträgervertrags. Der Bauträger verkauft ein Wohnungseigentumsrecht, da er sich dazu verpflichtet, das Wohnungseigentum (nach vollständiger Bezahlung) zu übereignen (Auflassung). Falls der Bauträger in die Insolvenz gefallen ist, ist der Insolvenzverwalter umgehend zur Auflassung verpflichtet, auch wenn die Vergütung nicht vollständig bezahlt ist (→ § 5 Rdn 92). Der Übereignungsanspruch besteht auch dann, wenn der Erwerber die vollständige Kaufpreiszahlung wegen Baumängeln berechtigt verweigert.[1] Alleine der Umstand, dass die einbehaltene Zahlung nur geringfügig (2–3 %) ist, kann nicht dazu führen, dass der Bauträger die Auflassung erklären und auf sein Zurückbehaltungsrecht und die damit verbundene Sicherheit verzichten muss.[2] Der Streitwert einer Klage auf Auflassung (oder auf Zustimmung zur Eigentumsumschreibung, wenn die Auflassung schon im Bauträgervertrag erklärt wurde), bemisst sich, wenn die Übereignung wegen Streit um Baumängel oder wegen Nichtzahlung der letzten Rate verweigert wird, nicht nach dem Grundstückswert, sondern nur nach dem Wert der Baumängel oder der letzten Rate.[3]

 

Rz. 5

Im Vordergrund steht beim Bauträgervertrag die (werkvertragliche) Pflicht des Bauträgers zur Errichtung (Herstellung) der Wohnanlage. Dabei schuldet der Bauträger gem. §§ 631 Abs. 1, 633 Abs. 1 BGB jedem Erwerber nicht nur die mangelfreie Herstellung des Sondereigentums; sondern auch des Gemeinschaftseigentums (→ § 5 Rdn 34). Die Ansprüche der Erwerber bei Baumängeln richten sich nach dem Werkvertragsrecht des BGB,[4] und zwar sogar dann, wenn der Vertrag bis zu 2 Jahre nach Fertigstellung der Wohnung abgeschlossen wurde (→ § 5 Rdn 16). Beim Umbau (sanierten Altbau) haftet der Bauträger für die von ihm ausgeführten Umbauarbeiten,[5] für die Altbausubstanz aber nur, wenn die vereinbarten Bauleistungen nach Umfang und Bedeutung mit Neubauarbeiten vergleichbar sind.[6] Die speziell für Bauleistungen konzipierte VOB/B "passt" auf den Bauträgervertrag nicht und kann deshalb nicht (wirksam) vereinbart werden.[7] Weil der Erwerber auf die Vergütung Abschlagszahlungen leisten muss (dazu nachfolgend), hat er einen Anspruch auf Betretung und Besichtigung der Baustelle (str.).[8] Eine Klausel, die den Bauträger ohne triftige Gründe zu einer Änderung der Bauausführung gegenüber der Baubeschreibung ermächtigt, ist nichtig (→ § 2 Rdn 126).

 

Rz. 6

Der Bauträgervertrag bedarf gem. § 311b Abs. 1 BGB der notariellen Beurkundung. Die Beurkundungspflicht gilt im Grundsatz zwar auch für nachträgliche Vereinbarungen (insbesondere Sonderwünsche); nicht aber dann, wenn die Auflassung – entsprechend gängiger Praxis – bereits im Kaufvertrag erklärt wurde.[9] Die notarielle Beurkundung ändert nichts daran, dass Bauträgerverträge grundsätzlich Formularvert...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge