Rz. 77

Vorbemerkungen. Die Rechtsprechung ist meistens nicht kleinlich, wenn es um die Beurteilung von Beschlüssen zum gemeinschaftlichen Vorgehen wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum geht. Die Beschlüsse sind unter verständiger Würdigung des Gemeinten auszulegen (→ § 2 Rdn 18). Ausreichend ist etwa ein Beschluss, "rechtliche Schritte gegen den Bauträger einzuleiten",[182] oder "Die Verwaltung wird beauftragt, die Schäden an den Fenstern gegenüber dem Bauträger geltend zu machen".[183] Trotzdem ist es besser, das Gewollte im Beschluss näher darzustellen, wobei aber die Befugnisse eines beauftragten Rechtsanwalts nicht zu sehr eingeschränkt werden sollten, sonst müssten sich die Miteigentümer vor jedem weiteren Verfahrensschritt erneut zur Beschlussfassung versammeln. Im Beschluss kann die Gemeinschaft festlegen, welches Mängelrecht geltend gemacht werden soll, muss das aber nicht unbedingt. Der BGH lässt es zu Recht genügen, dass die Zielrichtung der Rechtsverfolgung deutlich gemacht wird; "es ist nicht erforderlich, dass die juristische Vorgehensweise im Einzelnen bezeichnet wird."[184]

 

Rz. 78

Muster 5.2: Beschluss des gemeinschaftlichen Vorgehens bei Mängeln am Gemeinschaftseigentum

 

Muster 5.2: Beschluss des gemeinschaftlichen Vorgehens bei Mängeln am Gemeinschaftseigentum

1. Die Mängel des Gemeinschaftseigentums [optional: insbesondere folgende: (nähere Bezeichnung, ggf. unter Hinweis auf ein schon vorliegendes Gutachten)], werden als gemeinschaftliche Angelegenheit verfolgt; die Gemeinschaft zieht insoweit die Mängelrechte ihrer Mitglieder an sich. Die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Schlau wird beauftragt und bevollmächtigt, die Gemeinschaft zwecks Durchsetzung der Mängelrechte außergerichtlich und gerichtlich zu vertreten, insbesondere gegenüber der Bauträgerin Treubau GmbH. Die Rechtsanwaltskanzlei soll nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen diejenigen Maßnahmen ergreifen, die zweckmäßig sind, um die Mängelrechte durchzusetzen und Ersatz der der Gemeinschaft entstandenen Vermögensschäden zu erlangen. Der Einleitung gerichtlicher Schritte wird zugestimmt. Dabei soll die Rechtsanwaltskanzlei stets in Rücksprache mit der Verwaltung handeln, die von der Rechtsanwaltskanzlei umfassend auf dem Laufenden zu halten ist.

[Optional: Die bisherige Tätigkeit der Rechtsanwaltskanzlei (Vorbereitung und Teilnahme an der Versammlung, 5 Stunden) wird genehmigt].

2. Die Vergütung der Rechtsanwaltskanzlei erfolgt zum Stundensatz (brutto 225 EUR/Stunde bei Abrechnung im 5-Minutentakt, Fahrtkosten 0,50 EUR/km); in gerichtlichen Verfahren gelten die Gebühren nach dem RVG, sofern sie höher sind. Die Vergütungsvereinbarung soll den Bauträger nicht entlasten und wirkt nicht im Außenverhältnis; wenn für die außergerichtliche Tätigkeit höhere Gebühren nach dem RVG geltend gemacht und vom Bauträger bezahlt oder gegen ihn tituliert werden, erfolgt eine entsprechende Nachberechnung (unter Anrechnung der Zeitvergütung).

3. Die Rechtsanwaltskanzlei ist berechtigt, den Sachverständigen (oder Architekten) S auf Rechnung der Gemeinschaft unterstützend hinzuzuziehen, soweit dessen Fachkenntnisse benötigt werden. Die Vergütung des Herrn S erfolgt zu den bekannten Sätzen (Zeithonorar brutto 150,00 EUR).

Oder: Die Rechtsanwaltskanzlei soll im Namen der Gemeinschaft einen Bausachverständigen mit der Begutachtung des Gemeinschaftseigentums (Feststellung und Bewertung von Baumängeln) beauftragen; einem Stundensatz bis zu 150,00 EUR wird zugestimmt. Der Sachverständige soll insbesondere folgende Mängel begutachten: [Aufzählung der bereits bekannten Mängel]. Die Eigentümer können der Verwaltung weitere Punkte mitteilen, die ihrer Auffassung nach der Begutachtung bedürfen; diese werden nach dem Ermessen der Rechtsanwaltskanzlei in den Gutachterauftrag einbezogen. Die Rechtsanwaltskanzlei ist berechtigt, den Sachverständigen auch darüber hinaus beratend hinzuziehen, soweit dessen Fachkenntnisse benötigt werden.

Oder: Die Verwaltung wird ermächtigt, den Sachverständigen/Architekt X auf Basis seines Angebots vom 20.12.2021 mit der beratenden und begutachtenden Tätigkeit hinsichtlich der Baumängel am Gemeinschaftseigentum beauftragen. Ferner soll der Architekt – jeweils nach Weisung durch die Verwaltung im Einzelfall – eventuelle Mangelbeseitigungsarbeiten überwachen und überprüfen und der Verwaltung und der beauftragten Rechtsanwaltskanzlei beratend zur Seite stehen.

4. Zur Deckung der Kosten dieses Beschlusses (insbesondere Sachverständigen-, Rechtsanwalts- und evtl. Gerichtskosten) wird eine nach Miteigentumsanteilen zu verteilende Sonderumlage von 10.000,00 EUR erhoben. Diese ist 10 Tage nach Anforderung durch die Verwaltung zur Zahlung fällig und wird per Lastschrift eingezogen. Die Sonderumlage wird der Erhaltungsrücklage zugeführt; die Bezahlung der beschlossenen Maßnahmen erfolgt aus der Erhaltungsrücklage [Grund → § 8 Rdn 176].

 

Rz. 79

Vollständige Muster für außergerichtliche Rechtsanwaltsschreiben würden schon wegen der Vielfalt der möglichen Fallkonstellat...

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