Rz. 252

Für den Schadensersatz wegen vermehrter Bedürfnisse ist nicht entscheidend, ob die damit im Zusammenhang stehenden Ausgaben einmalig oder wiederkehrend, regelmäßig oder unregelmäßig oder aus unterschiedlichen Gründen entstehen. Deshalb kann in der nachfolgend aufgeführten alphabetischen Liste nur ein kleiner Teil der möglichen vermehrten Bedürfnisse wiedergegeben werden. Welche vermehrten Bedürfnisse im Einzelfall zum Schadensersatz berechtigen, ist ganz individuell vom konkreten Schadensfall und Verletzungsbild abhängig. So können eine große Vielzahl von z.B. Haushaltsgerätschaften, wie einer elektrischen Brotschneidemaschine, einem elektrischen Dosenöffner, einer Linkshänderschere etc. vermehrte Bedürfnisse für den dauerhaft an der rechten Hand geschädigten Rechtshänder darstellen. Dies ist nämlich abhängig von den individuellen Verletzungsfolgen des Geschädigten und dem sich daraus ergebenden individuellen Bedarf an Hilfsmitteln. Es ist schier unmöglich, eine abschließende Aufzählung von vermehrten Bedürfnissen zu erstellen, da sich plötzlich gewöhnliche Hausratsgegenstände als notwendige Hilfsmittel und damit vermehrte Bedürfnisse darstellen können.

 

Praxistipp

Der Anwalt sollte seinen verletzten Mandanten bitten, über einen Zeitraum von mehreren Tagen an verschiedenen Stellen im Haushalt – zum Beispiel im Badezimmer, in der Küche und im Wohnzimmer – je einen Notizblock zu deponieren, um die notwendigen Hilfsmittel zu notieren, die bei der Bewältigung des Alltags mit den individuellen Verletzungsfolgen erforderlich sind.

 

Rz. 253

Die nachfolgende alphabetische Liste vermehrter Bedürfnisse ist nicht abschließend, sie ist beliebig erweiterbar.

Arbeitstisch – höhenverstellbar – sowie dazu passender Stuhl;
Aufzug und Wartungskosten;
Automatikgetriebe (BGH NJW RR 1992, 792);
Begleitperson (für Freizeit, Kultur und Urlaub etc.);
Behindertenwerkstatt; diese Kosten sind Aufwendungen zur Teilnahme am Erwerbsleben;
behindertengerechter Umbau von Wohnraum (BGH NJW 1982, 757);
Besuchskosten (OLG Bremen NJW 2001, 903);
Bettstätte, bestehend aus druckentlastender Spezialmatratze einschließlich Spezialbettrahmen;
Betreuungsaufwand;
Blindenhund und Futterkosten;
Diät (BGH NJW 1982, 757);
vereitelte Eigenleistungen am Bauvorhaben (OLG Hamm MDR 1989, 160: Entgehen eines Wertzuwachses oder Ersatz von Mehrkosten oder Ausgleich von Darlehenszinsen);
Fahrtkosten für Besuche naher Angehöriger im Krankenhaus/Reha und eigene Fahrtkosten des Geschädigten zu Arzt-/Therapieterminen ggf. mit Kosten für den Fahrer;
Fahrrad mit drei Rädern;
Fitnesscenterkosten (LG Köln DAR 2003,120);
Fahrzeugkosten (Anschaffungskosten, Umbaukosten für Automatikgetriebe, spezieller Fahrersitz, Einhandbetrieb, Personalkosten für Fahrer, Kosten für Treibstoffmehrverbrauch soweit wegen eingeschränkter Fähigkeit jetzt kürzere Strecken vermehrt mit dem Pkw stattfinden);
Heimunterbringung, hier auch Kosten für Besuchsfahrten, unvermeidbare Übernachtungskosten für Besucher, unvermeidbarer Verdienstausfall für Besucher, unvermeidbare Kosten zur Betreuung anderer nächster Angehöriger;
Aufwand für Kleidung (erhöhter Verschleiß bei Unterarmgehstützen/Rollstuhl, Übergröße im Krankenhaus und Reha bei drückenden Narben);
Körperpflegemittel (BGH VersR 1982, 238);
Kommunikationshilfe (Schreibhilfe: BGH VersR 1982, 238; Lesegerät, Spracherkennung, PC, Flatrate);
Küche (Neuanschaffung oder Umbau, soweit der Geschädigte mit dem Rollstuhl unterfahrbare Geräte und Arbeitsflächen benötigt oder Arbeitshöhen außerhalb der Norm benötigt werden);
Erhöhte Nebenkosten (Heizung, Strom, Wasser);
Mehraufwand für Pflege (Pflegekosten, Pflegeheim bzw. Pflegekraft, aber auch Pflegeleistungen der Familienangehörigen);
Kosten für Physiotherapie (wegen der Budgetierung kann der behandelnde Arzt mitunter nicht im ausreichenden Umfang Therapien verordnen. Das gilt auch für Ergotherapie, Wassertherapie, Massage, Fango Packungen etc.) (KG NZV 1992, 236);
 

Praxistipp

Der Geschädigte soll sich vom behandelnden Arzt die ärztliche Notwendigkeit von zum Beispiel 60 Einheiten Physiotherapie, manueller Therapie, Massage usw. im Zeitraum von drei Monaten schriftlich bestätigen lassen mit dem Hinweis, dass wegen der Budgetüberschreitung im konkreten Einzelfall eine Verordnung auf Kassenrezept nicht möglich ist. In diesem Fall erteilt der Versicherer oftmals eine Kostenübernahme sogar auf der Basis von privatärztlicher Abrechnung.

Privatunterricht für Kinder/Schüler (BGH MDR 1992, 1191);
Sonderzubehör zum Rollstuhl sowie rollstuhlgerechte Spezialkleidung für den täglichen Bedarf:
Zuzahlungen zum orthopädischen Schuhwerk (KG NZV 1992, 236);
Schwimmbad (Kosten für den Bau eines eigenen privaten Schwimmbades, Kosten für Eintrittsgelder im öffentlichen Schwimmbad) (OLG Hamm VersR 2000, 234; OLG Nürnberg VersR 1971, 260);
Stärkungsmittel/Nahrungsergänzungsmittel, soweit verordnet (BGH NJW 1958, 627);
Steuerberatungskosten wegen der Unmöglichkeit eine...

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