Rz. 165

Auch Bezieher von Sozialhilfeleistungen nach dem SGB II und SGB XII können verletzungsbedingt Verdienstausfallansprüche erwerben. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass die in der Vergangenheit bereits geleistete Sozialhilfe wegen § 116 SGB X vom Verdienstausfall abzusetzen ist.

 

Rz. 166

Hinsichtlich zukünftiger Verdienstausfallansprüche greift der Subsidiaritätsgrundsatz und der Geschädigte muss zunächst seinen Anspruch auf Erwerbsschadensersatz realisieren, bevor er Sozialhilfeleistungen beziehen kann (BGH NJW 1997, 2175).

 

Rz. 167

Problematisch gestaltet sich die Abfindung des Zukunftsschadens, weil gegebenenfalls bereits ein Forderungsübergang auf den Sozialhilfeträger stattgefunden hat, da ein solcher Forderungsübergang dann erfolgt, wenn infolge des schädigenden Ereignisses aufgrund konkreter Anhaltspunkte mit der Leistungspflicht eines Sozialhilfeträgers zu rechnen ist.

 

Praxistipp

Der Rechtsanwalt sollte bei einer solchen denkbaren Konstellation von der Kapitalisierung des Erwerbsschadens Abstand nehmen. Das Risiko, bereits unerkannt übergegangene Ansprüche wegen fehlender Aktivlegitimation rechtsunwirksam abfinden zu lassen, ist sehr hoch. Möglicherweise ist ein späterer Regress des Sozialhilfeträgers beim Geschädigten wegen dessen Entreicherung nicht mehr möglich und der Anwalt haftet selbst. Der sicherste Weg ist in diesem Fall die quartalsmäßig vorschüssige Rentenzahlung gem. §§ 843 Abs. 1, 760 BGB.

 

Praxistipp

Wenn der Geschädigte demgegenüber bereits Sozialhilfeleistungen (z.B. "Hartz IV") bezieht, ist die Sachlage differenziert zu betrachten. Bezog der Geschädigte bereits vor dem Unfallereignis diese Sozialhilfeleistungen, dann ist mit einiger Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass er diese Sozialhilfeleistungen auch ohne den Unfall zumindest in der näheren Zukunft bezogen haben würde. Hat der Geschädigte erst nach dem Unfallereignis Sozialhilfeleistungen bezogen, ist zu prüfen, ob dieses ausschließlich auf den Unfall zurückzuführen ist. Um Rechtssicherheit bei der Abfindung des Erwerbsschadens zu erlangen, sollte der Rechtsanwalt im einen wie im anderen Falle vom Träger der Sozialhilfe (Jobcenter, Bundesagentur für Arbeit) eine Erklärung anfordern, dass das Regressverfahren gem. § 116 SGB X beendet ist und keine weiteren Ansprüche gegenüber dem Haftpflichtversicherer geltend gemacht werden. Wird die Erklärung nicht abgegeben, sollte von einer Abfindung des Erwerbsschadens abgesehen werden. Es muss bei der quartalsmäßigen vorschüssigen Rentenzahlung gem. §§ 843 Abs. 1, 760 BGB bleiben.

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