Rz. 53

Ist das Abschleppunternehmen schon mit dem Abschleppvorgang beschäftigt und kommt der Verantwortliche dann hinzu, so ist – ungeachtet einer ordnungswidrigkeitsrechtlichen Sanktion – der Abschleppvorgang jedenfalls abzubrechen, wenn der Pflichtige bereit ist, das Fahrzeug wegzufahren und wenn damit die Gefahrenlage behoben ist. Das gebietet schon der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Kosten für eine Leerfahrt sind dem vor dem eingeleiteten Abschleppvorgang erschienenen Störer ohne Weiteres zuzurechnen, wenn das Abschleppfahrzeug konkret für sein Fahrzeug angefordert worden ist.[124] Kosten für eine Leerfahrt dürfen jedoch ausnahmsweise dann nicht erhoben werden, wenn das Abschleppfahrzeug ohne Einbußen für eine effektive Aufgabenerfüllung auf Kosten eines anderen Pflichtigen unmittelbar anderweitig eingesetzt werden kann.[125] Dann erweist sich nämlich die zusätzliche Berechnung von Kosten für eine Leerfahrt nachträglich im Einzelfall als nicht mehr erforderlich, weil die Anfahrt des Abschleppfahrzeugs dem Verantwortlichen für das benachbart geparkte, unmittelbar anschließend tatsächlich abgeschleppte Fahrzeug zu Gute kommen und diesem gegenüber in Rechnung gestellt werden kann. Werden in einem solchen Fall die Kosten für die Anfahrt über eine Pauschale für eine Leerfahrt ein weiteres Mal in Ansatz gebracht, widerspricht dies dem Gebot der Verhältnismäßigkeit.[126]

Der Fahrer/Halter hat aber die bislang bereits angefallenen (Anfahrts-)Kosten zu bezahlen, wenn und soweit sie bereits entstanden sind und die Beauftragung des Abschleppunternehmens nicht mehr storniert werden konnte.[127] Dies gilt auch dann, wenn die Polizei das Abschleppfahrzeug weiterdirigiert, um ein anderes Fahrzeug abschleppen zu lassen und wenn dadurch gar keine "Leerfahrt" stattgefunden hat.[128]

 

Rz. 54

Das HambOVG[129] hält die Erhebung von Abschleppkosten für einen abgebrochenen Abschleppvorgang für unverhältnismäßig, wenn in direktem Anschluss an den Abbruch ein unmittelbar benachbartes Fahrzeug abgeschleppt wird. Das HambOVG[130] will eine abgebrochene Leistung jedenfalls dann nicht berechnen, wenn im Verhältnis zur Zahl der abzuschleppenden Fahrzeuge eine geringere Anzahl an Abschleppfahrzeugen an den Einsatzort dirigiert worden sind, die dann ein anderes Fahrzeug abschleppen. Ansonsten ist es nach HambOVG[131] nicht zu beanstanden, dass Abschleppunternehmen Kosten für einen abgebrochenen Abschleppvorgang berechnen dürfen, sobald sich das angeforderte Abschleppfahrzeug auf dem Weg zum Bestimmungsort befindet.

 

Rz. 55

Nach dem VG Ansbach[132] sind die Leerfahrtkosten auch dann nicht zu erstatten, wenn die Polizei nicht unmittelbar nach dem Eintreffen des Betroffenen versucht, den Abschleppunternehmer telefonisch wieder abzubestellen, oder wenn der Polizei der Nachweis nicht gelingt, dass bei unverzüglichem Anruf des Abschleppdienstes ein Abbestellen nicht mehr möglich gewesen wäre.

 

Rz. 56

Wird eine im Verhältnis zur Zahl der abzuschleppenden Fahrzeuge geringere Zahl von Abschleppwagen an den Einsatzort entsendet, so verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Folgendes: Wird ein Teil der Fahrzeuge bzw. ein Fahrzeug vor dem Eintreffen oder der Verladung durch das Abschleppunternehmen entfernt, befindet sich jedoch noch mindestens ein beiseite zu räumendes Fahrzeug am Bestimmungsort und wird dieses sodann verladen, so wird für den entfernten Teil der Fahrzeuge bzw. das entfernte Fahrzeug eine angebrochene Leistung nicht berechnet.[133]

[124] OVG NRW, Beschl. 10.7.2013 – 5 A 1687/12, NJW 2014, 568 = NZV 2014, 334 = DÖV 2014, 128.
[125] OVG NRW, Beschl. 10.7.2013 – 5 A 1687/12, NJW 2014, 568 = NZV 2014, 334 = DÖV 2014, 128.
[126] OVG NRW, Beschl. 10.7.2013 – 5 A 1687/12, NJW 2014, 568 = NZV 2014, 334 = DÖV 2014, 128; OVG Hamburg, Urt. v. 28.3.2000 – 3 Bf 215/98, zfs 2001, 45 = NJW 2001, 168, 170 f.
[127] OVG NRW, Beschl. v. 10.7.2013 – 5 A 1687/12, VerkMitt 2013, 87; VG Saarland, Urt. v. 13.12.1994 – 5 K 594/92; VGH BW, Urt. v. 27.6.2002 – 1 S 1531/01.
[128] OVG Saarland, Beschl. v. 9.6.89 – 1 R 279/88, Ls. in SKZ 1989, 260; VG Saarland, Urt. v. 13.12.1994 – 5 K 594/92, m.w.N. auf die Rspr. der Kammer; VG Saarland, Urt. v. 7.2.1995 – 5 K 632/92, m.w.N.; Gerichtsbescheid v. 21.1.1991 – 5 K 357/89 – unter Auseinandersetzung mit HessVGH NJW 1984, 1197.
[129] Urt. v. 28.3.2000 – 3 Bf 215/98, zfs 2001, 45 = NJW 2001, 168.
[130] Urt. v. 28.3.2000 – 3 Bf 215/98, zfs 2001, 45 = NJW 2001, 168.
[131] Urt. v. 28.3.2000 – 3 Bf 215/98, zfs 2001, 45 = NJW 2001, 168.
[132] DAR 1999, 137.
[133] HambOVG zfs 2001, 45.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge